In der Aquaristik haben sich im Laufe der Jahre viele kleine und teils auch große Fehler eingeschlichen, die immer wieder weitergegeben werden, obwohl sie für die Aquarienbewohner gefährlich und sogar lebensbedrohlich sein können.
Das Aquarium muss eine Woche einlaufen und kann dann mit Fischen besetzt werden
In einem neu eingerichteten Becken dauert es etwas, bis sich ein biologisches Gleichgewicht einstellt. Die notwendigen Bakterien befinden sich nicht im Leitungswasser und müssen sich im Aquarium erst bilden. Durch den bakteriellen Abbau von abgestorbenen Pflanzenresten und toten Organismen ensteht Nitrit, eine giftige chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff. Schon ein Wert von 0,5 mg/l kann zu Vergiftungen führen. Der Nitritwert (NO2) lässt sich mithilfe von sogenannten Tröpfchentests sehr genau ermitteln. Das Steigen des Wertes in einem neu eingerichteten Becken wird auch »Nitritpeak« genannt. Erst wenn der Nitritgehalt wieder auf einen stabilen Wert gegen Null abgesunken ist, kann das Aquarium langsam mit Fischen, Garnelen oder anderen Tieren besetzt werden. Der Zeitraum dieses Vorgangs kann nicht verallgemeinert werden, denn jedes Aquarium ist individuell. Auf die vielfach im Handel angebotenen »Bakterienstarter« sollte verzichtet werden, da diese die Einlaufzeit des Beckens je nach Inhalt nur sehr gering bis gar nicht verkürzen.
Fischbesatz – je bunter, desto besser
Jede Fischart besitzt individuelle Bedürfnisse, die durch den Pfleger erfüllt werden müssen. Leider wird der Aquarienbesatz häufig nach dem Motto »gekauft wird, was gefällt« ausgewählt. Nicht alle Fische harmonieren miteinander, einige müssen einzeln, paarweise oder in größeren Gruppen gepflegt werden. Manche Fischarten können ausschließlich mit Wirbellosen, wie beispielsweise Schnecken, vergesellschaftet werden. Die benötigten Wasserwerte und -temperaturen müssen ebenfalls übereinstimmen. Beim Besetzen eines Beckens geht es vorrangig darum, den Tieren einen naturnahen Lebensraum zu schaffen und sich mit den Ansprüchen der jeweiligen Arten ausführlich auseinanderzusetzen.
Pflanzen dienen nur der Dekoration
Pflanzen werten ein Aquarium nicht nur optisch auf, sondern sie besitzen viele Eigenschaften, die sich positiv auf das biologische System des Aquariums sowie deren Bewohner auswirken. Neben dem optisch ansprechenden Gesamteindruck bieten Wasserpflanzen den Fischen Schutz und Rückzugsmöglichkeiten. Darüber hinaus dienen die auf den Pflanzen angesammelten Mikroorganismen vielen Aquarienbewohnern, beispielsweise Garnelen, als Nahrungsquelle. Pflanzen beeinflussen die Wasserwerte positiv, sie bauen manche Schadstoffe ab und erhöhen den Sauerstoffgehalt im Aquarium. Zusätzlich vermindern sie durch die Aufnahme von Nährstoffen das Algenwachstum.
Algen können nur mit Chemie bekämpft werden
Algenwuchs deutet immer auf ein Ungleichgewicht im Aquarium hin. Ursachen können direkte Sonneneinstrahlung oder falsche Beleuchtung sein. In heimischen Aquarien kommen meist Rot‐, Blau‐, Braun‐, Kiesel‐ oder Grünalgen vor. Bevor die Algen bekämpft werden, muss die jeweilige Algenart bestimmt werden. Nur so kann herausgefunden werden, warum sich die Algenart im eigenen Aquarium so stark ausbreitet und mit welchen Mitteln sie beseitigt werden kann. Mit dem Beimengen von Algenbekämpfungsmitteln wird das Problem zwar kurzzeitig bekämpft, die Ursache aber nicht behoben und der gewünschte Erfolg – ein algenfreies Becken – tritt nicht ein.
Schnecken sind kleine Plagegeister
Kaum ein Aquariumbewohner hat so einen schlechten Ruf wie die Schnecke. Einige Arten, wie Turmdeckel‐ oder Blasenschnecken, werden oft ungewollt durch Pflanzen oder andere Dinge aus dem Fachhandel in das eigene Aquarium eingeschleppt. Durch die optimalen Bedingungen im Aquarium vermehren sich die meisten Schneckenarten zum Leidwesen des Pflegers sehr schnell. Bereits durch kleine Veränderungen, wie das Reduzieren der Futtermenge, kann deren Anzahl aber problemlos eindämmt werden. Die nützlichen Eigenschaften von Schnecken, dazu gehören das Fressen von abgestorbenen Pflanzenresten, Algen und Aas sowie das Auflockern des Bodengrundes, werden oft unterschätzt. Nur die wenigsten Arten ernähren sich von noch lebenden Pflanzen, die meisten davon richten allerdings keinen Schaden im Aquarium an. Auf den Einsatz von schneckenfressenden Fischen oder Schnecken sowie chemischen Mitteln sollte unbedingt verzichtet werden, da die Folgen sehr weitreichend sind. So sind schneckenfressende Arten oft anspruchsvoller als angenommen, denn auch sie brauchen bestimmte Wasserwerte und Beckengrößen. Dazu kommt bei vielen Arten die Futterspezialisierung: Sind die Schnecken im Becken gefressen, verhungern sie, da diese Tiere keine anderen Futtermittel annehmen. Die Chemiekeule wirkt nicht spezifisch genug, um nur überzählige Schnecken zu töten; sie schadet auch anderen, zum Teil sehr nützlichen Mitbewohnern oder gar dem eingesetzten Aquarienbestand selbst. Wie bereits erwähnt: Schnecken sind nicht nur Plagegeister, sondern auch kleine Helfer im Ökosystem Aquarium.
Autor: Christina H.
Bilder: Christina H. (Tröpfchentest), Wolfgang K. (Diskus),
Carina T. (blaue Posthornschnecke)
erschienen in TierZeit Ausgabe 7
15. Dezember 2013