Europas größtes Nagetier kommt zurück
Der Biber ist als großer Baumeister im Tierreich bekannt für das Errichten von Erdhöhlen, Biberburgen und Staudämmen. Mit einer Körperlänge von etwa einem Meter und einem Gewicht von 20 bis 30 Kilogramm ist er neben dem in Südamerika beheimateten Wasserschwein das größte Nagetier der Welt. Doch einst war der Eurasische Biber fast ausgerottet.
Wer an den Biber denkt, hat vor allem seinen charakteristischen, abgeflachten Schwanz vor Augen. Die sogenannte Biberkelle dient zur Steuerung beim Schwimmen, zum Stützen beim Sitzen, als Fettreserve, zur Regulierung der Körpertemperatur sowie der Verteidigung und Warnung von Artgenossen. Ein echtes Multitaskinggerät also. Mit bis zu 23 000 Haaren auf einem Quadratzentimeter Haut hat der große Nager einen der dichtesten Pelze im Tierreich. Zum Vergleich: Beim Menschen sind es etwa 300 Haare. Genau diese Eigenschaften wurden dem Tier jedoch zum Verhängnis. Sein schuppiger Schwanz wurde einst als Fischfleisch angesehen und durfte an Fastentagen verspeist werden. Sein Pelz und das früher in der Medizin angewandte Bibergeil, der Duftstoff des Bibers, waren so beliebt, dass er in weiten Teilen Europas rasch von der Bildfläche verschwand.
Ein Biberpaar, welches meist lebenslang zusammenbleibt, bekommt im Jahr nur ein bis drei Junge, die zusammen mit dem Nachwuchs des Vorjahres großgezogen werden. Die Sterberate beim Nachwuchs ist groß, viele werden von Hochwassern weggespült oder fallen wildernden Hunden zum Opfer. Mit Erreichen des zweiten Lebensjahres beginnen sie die Suche nach einem eigenen Revier. Dabei wandern sie teilweise über 200 Kilometer und müssen oft Straßen überqueren. Unfälle auf Autobahnen zählen mittlerweile zu den häufigsten Todesursachen. Adulte Tiere erreichen ein durchschnittliches Alter von nur acht bis zehn Jahren, obwohl ihre Lebenserwartung in Gefangenschaft bei über 30 Jahren liegt. Grund hierfür sind vor allem verschmutzte Gewässer und der intensive Ausbau von Flüssen und Seen. Aufgrund ihrer landschaftsgestaltenden Lebensweise sind die Nager jedoch ein wichtiger Teil des Ökosystems. Wo sie Seen stauen, können viele in stehenden Gewässern lebende Tiere neuen Lebensraum finden. Vor allem für Amphibien und einige geschützte Insekten sowie Vögel ist dies von großer Bedeutung. Durch die Fällarbeiten des Bibers, die dem Vegetarier auch zur Nahrungsbeschaffung dienen, entstehen Totholz, welches Lebensraum für Kleinstlebewesen ist, und offene Uferbereiche, die vielen lichtliebenden Pflanzen beste Lebensbedingungen bieten.
Dank zahlreichen Artenschutz‐ und Wiederansiedlungsprogrammen sowie einem gut ausgearbeiteten Bibermanagement zur Begrenzung von durch Biber verursachte Schäden erholt sich die Zahl der Tiere seit einigen Jahrzehnten wieder. In Deutschland war einst nur ein kleiner Bestand an der Elbe übrig, heute haben die Nager alle Bundesländer zurückerobert. Insgesamt sind es wieder etwa 20 000 Tiere, die unser Land bevölkern und zeigen, dass Mensch und Biber entgegen vieler Vorurteile durchaus zusammenleben können, ohne einander zu schaden.
Autor: Laura E.
Bild: Erna‐Ente‐Team e.V.
erschienen in TierZeit Ausgabe 6
11. August 2013