Pro und Contra
In den letzten Jahren wurde die Pferdehaltung in vielen Ställen enorm verbessert. Besonders in der Freizeitreiterszene ist die pferdegerechte Offenstallhaltung inzwischen keine Seltenheit mehr. Gerade diese erfreuliche Entwicklung »Zurück zur Natur« bringt Pferdefreunde dazu, sich vermehrt Gedanken zu anderen Themen im Bereich der Pferdehaltung zu machen: Fütterung, verschiedene Reitstile, artgerechte Beschäftigung und natürlich auch das Thema Hufbeschlag. Kein Wildpferd braucht Hufeisen, warum dann unsere Reitpferde?
Viele Reiter entschließen sich spontan, die Hufeisen ihrer Pferde abzunehmen und barhuf unterwegs zu sein. Das hat ja schließlich beim Pferd der besten Freundin auch geklappt. Doch ist dies wirklich so einfach? Können Pferde, die jahrelang mit Hufschutz unterwegs waren, plötzlich barhuf laufen?
Die Meinungen gehen selbst bei Experten deutlich auseinander. Hufschmiede sind oft dagegen, dafür gibt es seit einigen Jahren eine ganz neue »Spezies«, sie nennen sich »Barhufpfleger«. Das Geschäft scheint sich zu rentieren. Also doch schnell weg mit den Hufeisen? Aber halt. Bevor eine solche Entscheidung getroffen wird, sollten die Pros und Kontras abgewogen werden. Hier sind einige wichtige Punkte zu dem Thema aufgelistet:
Pro Barhuf – kontra Hufeisen
- Es entspricht der Natur des Pferdes.
- Die Hufe werden besser durchblutet, das Pferd spürt den Untergrund viel mehr.
- Viele Pferde entwickeln ein ganz anderes Gangbild, wenn sie barhuf gehen. Sie laufen plötzlich lockerer und freier. Vor allem bei »Gangpferden« ist dies eine interessante Beobachtung.
- Jeder eingeschlagene Nagel beinhaltet das Risiko, dem Pferd Verletzungen zuzufügen. Zu weit außen eingeschlagen lässt er das Horn einreißen, zu weit innen dringt der Nagel in einen sensiblen, stark durchbluteten Bereich des Hufes ein. Langwierig zu behandelnde Abszesse können die Folge sein.
- Das Aufbrennen des Hufeisen trocknet die Hufe aus und macht sie brüchig.
- Durch ständigen Hufeisenbeschlag werden die Hufe oft schwach. Sie sind Belastung nicht mehr gewöhnt, der Tragrand und der Strahl bilden sich oft zurück.
- Die Pflege des Barhufes ist kostengünstiger als der Beschlag, der meist etwa alle acht Wochen erfolgt und kann in vielen Fällen nach einer gewissen Einschulung durch den Barhufpfleger vom Pferdebesitzer selbst übernommen werden.
- Die Verletzungsgefahr bei der Herdenhaltung ist viel geringer.
- Selbst in unwegsamem Gelände können keine Hufeisen verloren gehen.
- Bei Schnee und Eis sind die Pferde ohne Hufeisen viel trittsicherer und rutschen weniger.
- Im Schnee bilden sich keine Klumpen unter den Hufen.
Kontra Barhuf – pro Hufeisen
- Hufbeschlag ist bei Pferden mit komplizierten Hufen hilfreich und kann die Hufe entlasten.
- Stark beanspruchte Pferde unter dem Sattel oder vor dem Wagen brauchen meistens einen Hufschutz.
- In steinigen Gebieten ist Hufbeschlag sinnvoll und eine Erleichterung für die Pferde.
- Bei gewissen Sportarten/Wettkämpfen ist Hufbeschlag erforderlich.
- Viele Barhufpferde brauchen dennoch Hufschuhe. Diese sind oft sehr teuer und müssen von einem Experten angepasst werden.
- Die Umgewöhnung von Hufeisen zu Barhuf dauert oft sehr lange und braucht viel Geduld. Das Pferd kann unter Umständen wochen‐ oder sogar monatelang nicht geritten werden.
- Das Risiko auf Hufabszesse durch Quetschungen oder Fremdkörper (spitze Steine, Nägel) ist gerade in der Anfangszeit nicht zu unterschätzen und kann hohe Tierarztkosten verursachen.
Sollte die Entscheidung fallen, ein Pferd auf barhuf umzustellen, ist es sinnvoll, einen Barhufpfleger zu kontaktieren, der diese Umstellung fachmännisch beobachtet und begleitet. Er kann auch Hufschuhe organisieren und diese anpassen. Wichtig ist, dass die Hufe auch von einem Huftechniker oder Barhufpfleger bearbeitet werden. Denn Hufschmiede behandeln Barhufe oft wie Hufe von beschlagenen Pferden, was heißt,dass sie viel zu viel Material wegschneiden. Ideal ist es, wenn ein Jungpferd gar nicht erst beschlagen wird und von Anfang an Steine, Teer oder sogar Schotter gewöhnt ist. Leider legen viele hiesige Pferdezüchter zu wenig Wert auf gute Hufe. Sprungvermögen oder extremes Gangwerk stehen oft weiter oben auf der Prioritätenliste. Dazu stehen viele Fohlen nur auf großen Weiden oder in weich gepolsterten Ställen, was nicht förderlich für gesunde und harte Hufe ist.
Wie die Entscheidung auch ausfällt: Es sollte immer im Sinne der Tiere entschieden werden und nicht nach eigenen Vorlieben. Eine Absprache mit dem Hufschmied/Hufpfleger bezüglich des Pferdes und des Untergrunds ist in jedem Fall zu empfehlen.
Autor: Danae S.
Bild: Carola R.
erschienen in TierZeit Ausgabe 5
14. April 2013