Kastration bei Katzen

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Ein notwendiger Eingriff oder gar Tierquälerei?

 

Das The­ma »Kas­tra­tion bei Katzen« polar­isiert, ganz klar. Einige Män­ner lei­den regel­recht darunter, den Katern ihre Männlichkeit zu nehmen und manche Men­schen sind überzeugt davon, dass eine weib­liche Katze ein­mal die Freuden ein­er Mut­ter­schaft erleben sollte. Tier­schützer dage­gen set­zen sich klar für eine all­ge­meine Kas­tra­tionspflicht ein. Was ist tat­säch­lich empfehlenswert?

Die in der Ein­leitung aufge­führten ver­meintlichen Vorteile sind lei­der die einzi­gen, die bei ein­er Nicht‐Kastration genan­nt wer­den kön­nen. Die Nachteile über­wiegen bei Weit­em.

• Unkas­tri­erte Katzen, egal ob Kater oder Katze, neigen zum Markieren. Viele Men­schen denken immer noch, dass nur Kater markieren kön­nen, das entspricht aber nicht der Wahrheit!
• Nicht nur für die rol­lige Katze selb­st bedeutet dieser Zus­tand puren Stress, auch ein poten­ter Kater lei­det darunter. Die Tiere ste­hen dauer­haft »unter Druck« und ger­ade Kater im Freigang brin­gen sich oft durch ihr Ver­hal­ten in größere Gefahr. Sie tra­gen beispiel­sweise Revierkämpfe aus oder leg­en große Streck­en zurück, um eine willige Katzen­dame zu find­en, was ihr Unfall­risiko erhe­blich erhöht.
Katzenmutter Regina Kaute pixelio de• Ohne eine Deck­ung während der Rol­ligkeit kann es bei der Katze zu ein­er Dauer­rol­ligkeit kom­men. Abge­se­hen vom Stress kann dies Entzün­dun­gen und die Bil­dung von Zys­ten und Kreb­s­geschwüren in der Gebär­mut­ter begün­sti­gen.
• Das Infek­tion­srisiko bei ein­er Deck­ung sollte nicht außer Acht gelassen wer­den: Es kön­nen Geschlecht­skrankheit­en, (tödliche) Infek­tion­skrankheit­en und Par­a­siten über­tra­gen wer­den.
Die Risiken bei der Trächtigkeit und der Geburt sind für eine Katze nicht uner­he­blich. Auch in der Natur läuft nicht immer alles rei­bungs­los ab.
• Der Deck­akt ist für eine Katze kein freudi­ges Ereig­nis, son­dern äußerst schmerzhaft und eben­falls mit einem Ver­let­zungsrisiko ver­bun­den (Wider­hak­en am Penis des Katers).

In Anbe­tra­cht dieser Nachteile sollte klar sein, dass eine Kas­tra­tion sowohl für Katzen als auch für Kater, die nicht zur Zucht einge­set­zt wer­den, der richtige Weg ist, um ihnen ein har­monis­ches und aus­geglich­enes Leben zu ermöglichen.

Aber wann ist der richtige Zeit­punkt für die Kas­tra­tion? Generell kön­nen Katzen und auch Kater ab der 8. Woche kas­tri­ert wer­den, was landläu­fig als »Frühkas­tra­tion« beze­ich­net wird. Genau genom­men find­et eine Frühkas­tra­tion aber genau dann statt, wenn sie vor der Geschlecht­sreife durchge­führt wird. Diese erlan­gen Katzen in der Regel zwis­chen dem 4. und 12. Lebens­monat, sodass mit­tler­weile zumin­d­est häu­fig zu ein­er Kas­tra­tion mit vier bis fünf Monat­en ger­at­en wird. Es führt nicht jed­er Tier­arzt eine Kas­tra­tion in sehr jungem Alter durch. Manchen fehlt dazu das Fach­wis­sen, anderen wiederum fehlt schlicht die Erfahrung bei so jun­gen Tieren, bei denen ja doch alles sehr viel klein­er ist.

Für die Katzen ist es aber umso vorteil­hafter, je früher die Kas­tra­tion stat­tfind­et, wie mehrere Langzeit­stu­di­en mit­tler­weile bele­gen. Die Oper­a­tion ver­läuft in der Regel kürz­er, weil noch kein Fettgewebe die Keim­drüsen über­lagert, wodurch sich weit­ere Vorteile ergeben: Weniger Kom­p­lika­tio­nen, weniger Blu­tun­gen und eine kürzere Erhol­ungszeit, weil das Tier nicht so lange in Narkose liegen muss. Auch das Kreb­srisiko sinkt, weil die Katze noch gar nicht durch Hor­mone belastet wurde. Auf die kör­per­liche und geistige Entwick­lung hat die Frühkas­tra­tion keine Auswirkun­gen, kas­tri­erte Tiere scheinen sog­ar größer zu wer­den. Eine höhere Anfäl­ligkeit für Krankheit­en kon­nte eben­falls wider­legt wer­den.

Samirah S - Katze mit TrichterDie Kas­tra­tion an sich ist im Übri­gen ein recht klein­er Ein­griff, bei Katern noch mehr als bei Katzen. Beim Kater wer­den lediglich die Hoden ent­fer­nt. Nach diesem Ein­griff ist nicht mal ein Fäden­ziehen notwendig, weil die Wunde heutzu­tage gek­lebt wird. Bei der Katze bedeutet die Kas­tra­tion die Ent­fer­nung bei­der Eier­stöcke, bei Bedarf (zum Beispiel krankheits­be­d­ingt) auch die Ent­fer­nung der Gebär­mut­ter. In der Regel han­delt es sich nur um einen ca zwei Zen­time­ter lan­gen Schnitt.

Bei ein­er Ster­il­i­sa­tion wür­den lediglich die Samen‐ beziehungsweise Eileit­er durchtren­nt wer­den, was zwar die Fortpflanzungsmöglichkeit unterbindet, nicht aber die Hor­mon­pro­duk­tion, welche jedoch – wie bere­its aus­ge­führt – das haupt­säch­liche Prob­lem für die Tiere darstellt. Eine ster­il­isierte Katze wird nach wie vor rol­lig und kann daher auch dauer­rol­lig wer­den.

Zusam­men­fassend gilt also: Eine Kas­tra­tion sowohl bei Katern als auch bei Katzen sollte Pflicht sein, um den Tieren ein möglichst langes, gesun­des und aus­geglich­enes Leben zu ermöglichen. Beson­ders bei Freigängern ist sie so früh wie möglich durchzuführen, unbe­d­ingt jedoch vor dem ersten Freigang. Einige Tier­schutzvere­ine fordern daher eine Kas­tra­tionspflicht für alle Freigängerkatzen. Bis zum Feb­ru­ar 2015 hat­ten bere­its etwa 300 deutsche Gemein­den eine der­ar­tige Kas­tra­tionspflicht erlassen.

Weit­er­führende Lit­er­atur zum The­ma:
Bohn­ert, Willa: »Frühkas­tra­tion von Katzen unter Tier­schutz­gesicht­spunk­ten«, Dezem­ber 1997
Bowen, R.: »Ear­ly Ster­il­iza­tion in Dogs and Cats«, April 2004
Spain, Vic­tor C. u. a.: »Long‐term risks and ben­e­fits of early‐age gonadec­to­my in cats«, Feb­ru­ar 2004
Howe, L.M.: »Short‐term results and com­pli­ca­tions of pre­pu­ber­tal gonadec­to­my in cats and dogs«, Juli 1997
Lit­tle, Susan: »Ear­ly Age Alter­ing of Kit­tens«, Okto­ber 2004
Porters, Nathalie u. a.: »Devel­op­ment of behav­ior in adopt­ed shel­ter kit­tens after gonadec­to­my per­formed at an ear­ly age or at a tra­di­tion­al age«, Mai 2014
Root Kus­tritz, Mar­garet V.: »Ear­ly spay‐neuter: clin­i­cal con­sid­er­a­tions«, August 2002

Autor: Katha­ri­na U.
Bilder: Regi­na Kaute/pixelio.de (Katzen­mut­ter), Sami­rah S. (Katze mit Trichter)

erschienen in TierZeit – Aus­gabe 12
13. Dezem­ber 2015

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