Was bei Fahrten mit den Vierhufern beachtet werden sollte
Für manche ist es ein großes Ausnahmeerlebnis, bei anderen nahezu Alltag. Aber oftmals lässt sich ein Pferdetransport nicht vermeiden. Ein Umzug in einen weiter entfernten Stall oder ein Klinikbesuch können auch für reine Freizeitpferde einen Transport schnell notwendig machen. Um einen solchen Transport möglichst stressfrei über die Bühne zu bringen, ist ein gewisses Basiswissen über den Pferdetransport somit für jeden Pferdebesitzer unerlässlich.
Das Hängertraining
Vor einem erfolgreichen Transport muss das Pferd selbstverständlich langsam an den Hänger gewöhnt werden. Die Grundlage für ein erfolgreiches Verladen ist – wie für alles im Umgang mit dem Pferd – ein solides Vertrauen zwischen Mensch und Pferd. Regelmäßiges Führtraining und Bodenarbeit sind also eine optimale Vorbereitung, um entspannt an die Aufgabe »Verladen« heranzugehen. Das Pferd sollte sich problemlos führen lassen, mit dem Menschen anhalten und sich auch auf Kommando in Bewegung setzen, wenn der Mensch noch steht. Wichtig ist zudem das problemlose Rückwärtsrichten des Pferdes, um ein sicheres Ausladen gewährleisten zu können. Außerdem ist es sinnvoll, bei der Bodenarbeit vorbereitende Übungen einzubauen, wie das Pferd über Rampen oder Planen zu schicken oder es mit flexiblen, auf Kopfhöhe aufgehängten Bändern an eine räumliche Begrenzung nach oben zu gewöhnen. Die seitliche Begrenzung kann Pferden bereits nahe gebracht werden, indem sie durch eng aneinander gestellte Tonnen oder Strohballen geführt werden.
Sind diese Grundlagen geschaffen, kann ganz entspannt mit dem Training am Anhänger begonnen werden. Das Einladen ist nichts anderes als eine weitere Aufgabe der Bodenarbeit. Wichtig ist, dass der Anhänger beim Verladen stets an ein geeignetes Auto angekuppelt ist, sonst besteht die Gefahr, dass er kippen könnte.
In den ersten Schritten wird das Pferd nur hineingeführt und dort belohnt. Das funktioniert bei den meisten Pferden mit etwas Futter gut. Manchen Pferden gelingt die Übung leichter, wenn die seitliche Tür am Anhänger geöffnet ist, sodass etwas Licht hineinfällt. Dann darf das Pferd wieder rausgehen. Hierzu wird es – wie bereits beim Führtraining erlernt – rückwärts geschickt und eventuell von außen von einer zweiten Person unterstützt, damit es nicht seitwärts von der Rampe abrutscht. Zudem sollte der Kopf gerade gerichtet sein, denn dadurch wird auch das ganze Pferd gerade laufen.
Wenn das Hinein‐ und Herausführen gut funktioniert, wird im nächsten Übungsschritt die Stange hinter dem Pferd und später auch die Anhängerklappe geschlossen. Hier ist es wichtig, dass stets zuerst die Stange verschlossen und das Pferd erst dann angebunden wird, damit es nicht rückwärts herausstürmen kann und sich dabei aufgrund des Anbindestricks verletzt.
Diese Schritte müssen nicht an einem Tag geübt, sondern können ganz langsam und im Tempo des Pferdes gegangen werden. Wenn das Pferd entspannt im geschlossenen Anhänger steht, kann damit begonnen werden, zunächst sehr kurze Strecken zu fahren. Ziel sollte zuerst immer wieder der vertraute Stall sein, damit das Pferd nicht lernt, dass jede Hängerfahrt nur mit enormem Stress verbunden ist (zum Beispiel Turnier, Klinik, Stallwechsel). Diese Strecken können langsam erweitert werden, wodurch dem Pferd Routine gegeben wird.
Auch beim Ausladen ist wieder zu beachten, dass das Pferd zuerst vollständig losgebunden wird und erst dann Klappe und Stange geöffnet werden, um es rückwärts herausgehen zu lassen.
Die Ausrüstung
Das Pferd muss natürlich passend ausgerüstet sein. Das Wichtigste ist hier ein stabiles Stallhalfter, an welchem im Anhänger die Anbindekette befestigt wird. Außerdem sollten gut sitzende Transportgamaschen beziehungsweise Transportbandagen angelegt werden.
Ob das Pferd eine Decke tragen sollte, hängt von individuellen Faktoren ab. Im Sommer ist eine Fliegendecke gegen Mücken und Bremsen meist die beste Wahl. Im Winter ist entscheidend, ob das Tier auf dem Hänger schwitzt, beispielsweise weil es zuvor gearbeitet hat, im Regen nass wurde oder gestresst ist. Ist dies der Fall, sollte eine gut sitzende, nicht rutschende Decke aufgelegt werden. Ein geschorenes Pferd, welches in der Box bereits eine Decke trägt, sollte diese natürlich auch im Hänger tragen. Ein Heunetz sollte bei einer Hängerfahrt nicht fehlen, zum einen ist es eine gute Beschäftigung und Ablenkung für die Pferde und zum anderen ist es für die Verdauung notwendig, dass ein Pferd stets Raufutter zu sich nehmen kann. Wichtig ist hierbei, das Heunetz so anzubringen, dass das Pferd keinesfalls hineinsteigen oder anderweitig darin hängenbleiben kann.
Wird ein Pferd transportiert, muss aus gesetzlichen Gründen stets der zum Pferd gehörige Equidenpass mitgeführt werden. Dieser dient der Polizei unter anderem als Nachweis, dass es sich tatsächlich um dieses Pferd handelt, und dass es alle notwendigen Impfungen erhalten hat.
Ein Erste‐Hilfe‐Set muss natürlich auch dabei sein, ein Missgeschick ist schneller passiert, als einem lieb ist und dann sollten Wunden schnell versorgt werden können. Außerdem sollte der Boden dünn eingestreut sein, um Urin aufzunehmen – die Ammoniakdämpfe sind schädlich für die Pferdelunge.
Die Fahrt
Wenn das Pferd optimal vorbereitet ist, ist auch eine richtige Fahrt kein unnötig großer Stress mehr. Selbstverständlich gibt es hier einige wichtige Dinge zu beachten.
Sowohl das Zugfahrzeug als auch der Anhänger müssen einen aktuellen TÜV besitzen und in einwandfreiem Zustand sein. Natürlich sollte zuvor in den Fahrzeugpapieren überprüft werden, ob das Auto den Anhänger mitsamt dem Gewicht des Pferdes ziehen darf. Nach dem Ankuppeln des Anhängers müssen noch Blinker, Bremslichter, Reifendruck etc. und die Auflaufbremse überprüft werden.
Regelmäßige Pausen sind wichtig, um zum einen zu kontrollieren, ob alles in Ordnung ist, zum Beispiel ob die Transportgamaschen noch korrekt sitzen, und zum anderen sollte dem Pferd Wasser angeboten werden. Bei heißer Witterung ist nach zwei Stunden eine Pause zum Tränken einzulegen, bei kühlerem Wetter nach drei bis vier Stunden. Unterwegs sollte das Pferd aber natürlich nicht ausgeladen werden. Deshalb wird die Pause so kurz wie möglich gehalten, denn wirklich entspannen kann sich das Pferd dabei trotzdem nicht. Aber auch wenn die Pausen fürs Pferd kurz gehalten werden sollen, braucht der Fahrer selbstverständlich irgendwann eine längere Pause. Optimal wäre also ein zweiter Fahrer, sodass sich bei einer längeren Fahrt abgewechselt und ausgeruht werden kann.
Die Luken und Fenster sollten so geöffnet sein, dass keine Zugluft entsteht, aber durchaus ein ausreichender Luftaustausch stattfindet. Gerade bei heißen Temperaturen hat der Anhänger sonst schnell den Effekt einer Sauna, denn die Luftfeuchtigkeit wird durch den Schweiß und Urin des Pferdes deutlich ansteigen. An besonders heißen Tagen sollte der Transport auf die Nacht oder die kühleren Morgenstunden verlegt werden.
Wird ein Pferd alleine transportiert, sollte dieses bei Rechtsverkehr stets auf der linken Seite stehen. Das hängt damit zusammen, dass Straßen Richtung Rand tendenziell abfallen. Steht das Pferd links, ist die Gefahr geringer, dass der Anhänger auf solch einer leicht abfallenden Straße kippen könnte. Auch wenn zwei Pferde gefahren werden, sollte das schwerere Pferd links verladen werden.
Mit der richtigen Vorbereitung und ein wenig Übung steht einer entspannten Reise mit Pferd also nichts im Weg!
Autor: Ursula G.
Bilder: Charlotte L.
erschienen in TierZeit – Ausgabe 12
13. Dezember 2015
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