Mythos und Wahrheit über die Allergikerhunde
In Zeiten von immer häufiger auftretenden Allergien gewinnen sogenannte »Allergikerhunde« eine immer größere Bedeutung. Durch die Bekanntheit von Bo und Sunny, den Hunden des US‐Präsidenten Barack Obama, wurde der Cão de Água Português besonders beliebt unter Hundehaarallergikern. Zu den allergikerfreundlichen Rassen gehören außerdem hauptsächlich Pudel, die Vertreter der Bichons, Yorkshire Terrier, Wasserhunde und der Puli. Bei anderen Rassen werden ebenfalls geringe oder ausbleibende allergische Reaktionen beschrieben.
Die Besonderheit dieser Hunderassen besteht darin, dass sie alle kaum bis gar nicht haaren und Allergiker scheinbar deswegen nicht auf sie reagieren. Das Interessante dabei ist aber, dass es »Hundehaarallergien« in dieser Form gar nicht gibt. Es handelt sich stattdessen um eine Allergie gegen Proteine des Speichels und Urins der Hunde, welche durch Putzen oder Verrichten der Notdurft auf die Haare gelangen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass – obwohl Allergien immer individuell sind – auch eine allergische Reaktion auf die Proteine von »Allergikerhunden« auftreten kann, da die Proteine sich nicht von denen anderer Rassen unterscheiden. Der Vorteil der Allergikerrassen liegt darin, dass sie durch den nicht vorhandenen bis geringen Haarverlust weniger allergenes Material in der Umgebung verteilen. Die Reaktion auf den ausgesuchten Hund sollte also vor der Anschaffung immer klinisch getestet werden, jedoch ist zu bedenken, dass allergische Reaktionen manchmal erst nach dem Wechsel des Welpenfells auftreten.
Neben den reinrassigen Hunden werden immer mehr Mischlinge mit anderen, als familientauglich angesehenen Rassen vermarktet. Bekanntestes Beispiel ist der »Labradoodle« – eine Mischung aus Labrador und Pudel. Bei diesen Mischlingen besteht eine etwa fünfzigprozentige Chance, dass sich die allergikerfreundlichen Merkmale durchsetzen. Es können jedoch auch hochgradig allergieauslösende Merkmale, besonders in Bezug auf die Fellbeschaffenheit und das Haaren, auftreten. Werden diese Mischlinge erneut mit reinrassigen Allergikerhunden gekreuzt, steigt allerdings die Wahrscheinlichkeit einer geringeren Reaktionsrate beim Menschen an.
Allen erwähnten Rassen ist gemein, dass sie nicht als »Allergikerhunde« gezüchtet, sondern auf bestimmte Gebrauchsarten hin selektiert wurden. Pudel und alle regionalen Schläge des Wasserhundes wurden für die Jagd auf Wildgeflügel selektiert, der Yorkshire Terrier sollte Ratten und andere Schädlinge fangen und töten. Bichons (Bichon frisé, Bologneser und Malteser) wurden hauptsächlich als »Schoßhunde« gezüchtet und beanspruchen dementsprechend die Aufmerksamkeit ihrer Bezugspersonen. Der Puli ist ein weitestgehend selbstständig arbeitender Hütehund. Außerdem benötigen alle »Allergikerhunde«, wie jeder andere Hund auch, Erziehung, Auslastung sowie den direkten Kontakt zu ihren Familien und bringen rassespezifische Eigenschaften, wie beispielsweise den ausgeprägten Jagdtrieb beim Pudel, mit.
Die Wurzeln aller Allergikerrassen liegen beim Wasserhund, was ein Sammelbegriff für sieben verschiedene Rassen ist: American Water Spaniel, Barbet, Cão de Água Português, Irish Water Spaniel, Lagotto Romagnolo, Perro de Agua Español und Wetterhoun. Sie weisen alle ähnliche optische Charakteristika auf: onduliertes (gewelltes) oder gelocktes Fell ohne Unterwolle und eine mittlere Widerristhöhe. Die Besonderheit ihres Haarkleides besteht darin, dass es fortwährend weiter wächst und verfilzte Schnüre bildet, welche eine regelmäßige Schur erforderlich machen. Wie der Pudel zeichnen sich die Wasserhunde durch ihre hohe Intelligenz und Leistungsbereitschaft aus, doch trotz dieser positiven Eigenschaften sind sie bei uns nur selten anzutreffen. Vom Wetterhoun existieren nur etwa 800 Tiere weltweit. Verwendet wurden alle Wasserhunde zur intensiven Arbeit im und am Wasser. Hierbei wurden sie bei der Jagd und als Karrenhunde eingesetzt.
Obamas Portugiesische Wasserhunde Bo und Sunny scheinen wirklich allergikerfreundlich zu sein und bei Familie Obama keine Reaktion auszulösen. Dennoch bedeutet der geringe Haarverlust dieser Rasse nicht notwendigerweise, dass sie keine allergische Reaktion verursachen können.
Autor: Lisa P.
Bild: Milena M.
erschienen in TierZeit Ausgabe 7
15. Dezember 2013