Sozialen Tieren einen Lebensabend in Gesellschaft ermöglichen
Bei älteren Gruppentieren kann es vorkommen, dass alle Partner versterben und ein Einzeltier übrig bleibt. Wird ein neuer Partner dazu geholt, stirbt meist wieder ein Tier vor dem anderen und es wird erneut ein neuer Partner benötigt. Manche Tierhalter möchten diesen Kreislauf durchbrechen und die Kaninchenhaltung beenden. Nun sollte im Sinne des Tieres entschieden werden, was auf den ersten Blick nur die Möglichkeit der Abgabe zulässt. Es gibt aber eine Alternative.
Viele Tierschutzvereine bieten für dieses Problem noch eine weitere Lösung an: Leihtiere. Was sich erst einmal befremdlich anhört, offenbart bei näherer Betrachtung viele Vorteile, nicht zuletzt auch für das betroffene Tier. Doch nicht auf jede Heimtierart lässt sich diese Idee problemlos anwenden. Die Vergesellschaftung von beispielsweise Ratten und Mäusen kann mitunter mehrere Monate andauern. Unter Umständen stirbt das ältere Tier dann in einer instabilen Gruppe und das Leihtier geht zurück zum vorherigen Besitzer, wo es sich sofort wieder während einer lang andauernden Vergesellschaftung in eine neue Gruppe einfügen muss. Der Stress, den das für die kurzlebigen Nager bedeutet, ist enorm. Einer der Vereine, die Leihtiere und eine entsprechende Betreuung der Halter anbieten, ist der Kaninchenschutz e.V. Im Interview mit der TierZeit gaben die Mitglieder Tipps für die Leihtierhaltung.
TierZeit: Was genau verbirgt sich hinter dem Konzept »Leihkaninchen«?
Wenn bei einem Kaninchenpaar eines der Tiere irgendwann verstirbt, steht man als Halter vor der Frage: »Wie soll es weitergehen?«. Möchte man die Haltung nicht mehr dauerhaft fortführen, könnte ein Leihkaninchen die passende Lösung sein. Sozusagen als Lebenspartner auf Zeit leistet es dem eigenen Tier Gesellschaft, bis dieses verstirbt.
Das Leihkaninchen geht nach dem Tod zum eigentlichen Besitzer beziehungsweise zur Pflegestelle zurück. Es sollte allerdings darauf geachtet werden, dass das Tier nicht zum »Wanderpokal« wird. Auch ein Leihkaninchen sollte natürlich so lange wie möglich ein schönes Zuhause haben dürfen und nicht ständig »von Hand zu Hand« gereicht werden.
TierZeit: Wie genau läuft die Vermittlung eines Leihkaninchens ab? Welche Faktoren nehmen Einfluss auf die Auswahl des Leihkaninchens, kann jedes Tier in einer Pflegestelle ausgeliehen werden oder muss dieses bestimmte Kriterien erfüllen?
Das ist immer ganz und gar abhängig von den beiden Parteien. Der Kaninchenschutz e.V. empfiehlt für die Vermittlung und Aufnahme eines Leihtieres dieselben Maßstäbe anzusetzen wie für eine normale Vermittlung. Das heißt, dass ein sicheres und großes Gehege mit mindestens zwei Quadratmeter Grundfläche pro Tier in Innenhaltung mit zusätzlichem Auslauf und drei Quadratmeter pro Tier in Außenhaltung bereitgestellt werden muss. Eine Paarhaltung der Tiere ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium sowie die artgerechte und gesunde Ernährung. Diese Haltungsbedingungen werden vor der Vermittlung in einer Vorkontrolle geklärt. Zusätzlich wird auch für ein Leihkaninchen eine Schutzgebühr bezahlt und ein Schutzvertrag aufgesetzt, mit dem Zusatz, dass das Tier später von der betreffenden Pflegestelle zurückgenommen werden kann. Wichtigster Punkt sollte aber immer sein, dass das Tier charakterlich mit dem vorhandenen harmoniert. Zudem sollte das Leihkaninchen gesund und fit sein.
TierZeit: Was geschieht, wenn der Halter nach der Aufnahme des Leihkaninchens doch nicht mit der Haltung aufhören will? Kann aus einer Leihvermittlung auch eine dauerhafte Vermittlung werden?
Aus einer Leihvermittlung kann durchaus eine dauerhafte Vermittlung werden. Für das Tier selbst ist dies natürlich die beste Lösung, damit es nicht wieder in ein anderes Zuhause bzw. zum ehemaligen Besitzer ziehen muss. Natürlich müssen hier ebenfalls die unter Frage zwei genannten Bedingungen eingehalten werden.
TierZeit: An wen kann sich ein Halter wenden, wenn er über ein Leihkaninchen nachdenkt?
Ein Anlaufpunkt wären natürlich die Pflegestellen des Kaninchenschutzes und zusätzlich diverse andere Foren und regionale Tierschutzvereine. Auch ein Blick in das örtliche Tierheim kann sich lohnen, wobei nicht jedes Tierheim dieses Konzept unterstützt.
TierZeit: Gibt es Leihtiere auch bei anderen Gruppentieren?
Für Vögel und Meerschweinchen gibt es das auf jeden Fall auch. Eine Anfrage beim örtlichen Tierschutzverein kann hier sicher weiterhelfen.
Die TierZeit bedankt sich für das Interview. Gestaltet sich die Suche nach einem artgerechten Zuhause des alten Tieres zu langwierig oder möchte der Halter sich noch nicht von dem geliebten Tier trennen, bietet das Konzept Leihtier eine wunderbare Alternative, um den Bedürfnissen des Tieres trotz allem noch gerecht zu werden. Ansprechpartner der jeweiligen Tierart findet man am besten online bei den zuständigen Tierschutzvereinen.
Autor: Tina B.
Bilder: Danie S.
erschienen in TierZeit Ausgabe 10
14. Dezember 2014