Wie die klugen Nager in Minengebieten und der Polizei helfen
Ratten haben ein schlechtes Image. Häufig werden sie mit Abfall, Kanalisation und Pest assoziiert. Doch die kleinen Nager zeichnen sich durch einen guten Geruchssinn aus, der ihnen in ihrer natürlichen Umgebung bei der Orientierung und Nahrungssuche hilft. Zusätzlich sind Ratten sehr lernfreudig, weshalb abgerichtete Gambia‐Riesenhamsterratten in Afrika und Asien Landminen aufspüren und trainierte Farbratten bei der niederländischen Polizei zum Einsatz kommen.
Ratten auf Minensuche
Kriege der Vergangenheit sind in vielen Gebieten immer noch gegenwärtig. Ganze Gebiete wurden mit Landminen versehen, sodass die heutige Bevölkerung weiterhin in ständiger Gefahr lebt. Laut UN sterben jährlich 15 000 Menschen durch Landminen. Eine beängstigende Zahl, die die Notwendigkeit der Räumung von Minengebieten ver-deutlicht.
Seit über 15 Jahren bildet die tansanisch‐belgische Organisation »Apopo« Gambia‐Riesenhamsterratten (Cricetomys gambianus) mittels Clicker‐Trainings dazu aus, den Sprengstoff TNT zu erschnüffeln. Im Gegensatz zu Minensuchhunden sind die Tiere schneller und günstiger auszubilden und können mit verschiedenen Trainern arbeiten. Der große Vorteil der bis zu 1,5 Kilogramm schweren Tiere ist, dass sie zu leicht sind, um Minen auszulösen. Sie können auf die durch Gewichtskraft auszulösenden Minen treten und sie durch Scharren dem Trainer anzeigen, um ihre Belohnung einzufordern. Anschließend wird die Mine entschärft. Diese Methode ist effizient und kostengünstig. In 20 Minuten kann eine Ratte ein 100 Quadratmeter großes Gebiet absuchen – ein Mensch würde dafür zwei Tage benötigen.
Ratten auf Verbrecherjagd
Ungewöhnliche Wege geht die niederländische Polizei, um ihre Ausgaben zu reduzieren. Um weniger teure und zeitaufwändige Labortests machen zu müssen, sollen Farbratten (Rattus norvegicus forma domestica) zunächst Geruchsproben untersuchen. So wurden die fünf Ratten Derrick, Magnum, Poirot, Jansen und Janssen – benannt nach ihren literarischen Kollegen – zum Erschnüffeln von Schmauchspuren und Drogen mittels Clicker‐Trainings trainiert.
Innerhalb von zwei Sekunden können die Tiere eine Geruchsprobe untersuchen. Schlägt das Tier an, wird die Probe im Labor untersucht, um einen vor Gericht gültigen Beweis zu erhalten. Die Tiere fungieren quasi als Schnelltest und geben einen Anhaltspunkt, welche Probe genauer untersucht werden sollte. Mit einer Trefferquote von durchschnittlich 95 Prozent machen die Ratten guten Polizeihunden Konkurrenz, jedoch werden die Ratten nicht an den Tatort gebracht und schnüffeln nicht an den Verdächtigen. Dies kommt den Tieren entgegen, da sie so nur in ihrer vertrauten Umgebung eingesetzt werden.
Autor: Alex S.
Bild: Xavier R. (APOPO)
erschienen in TierZeit Ausgabe 8
27. April 2014