Wenn Hunde menschliche Emotionen zeigen
Der Hund ist der beste Freund des Menschen, heißt es und wohl kaum ein Hundehalter wird dem widersprechen. Als treuer Begleiter sorgt er für mehr Lebensfreude. Doch nicht immer bleibt diese ungetrübt, insbesondere dann nicht, wenn die besondere Mensch‐Hund‐Beziehung aus Sicht des Tieres bedroht scheint. Denn dann werden andere – ob Tier oder Mensch – schnell zur Konkurrenz. Der Grund ist einfach: Auch Hunde empfinden Eifersucht.
Eifersucht – kein menschliches Phänomen
Vielfach wird immer noch angenommen, dass nur der Mensch zur Eifersucht fähig sei, da hierbei zahlreiche komplexe kognitive Prozesse ablaufen. So manchem Hundehalter ist jedoch längst klar, dass auch Hunde zumindest in gewissem Maße eifersüchtig reagieren können. Wie sonst ließe sich beispielsweise das Verhalten erklären, dass ein Hund an den Tag legt, wenn sich Frauchen oder Herrchen einem anderen Vierbeiner und damit einem möglichen Konkurrenten zuwendet? Ob Anstupsen oder Wegdrängen des Hundehalters, Winseln, Bellen oder sogar leichte Formen der Aggression wie Zuschnappen – alles wird versucht, um die Aufmerksamkeit des menschlichen Partners von dem scheinbaren Konkurrenten auf sich zu lenken.
Der empirische Beleg
Dass Hunde tatsächlich eifersuchtsähnliches Verhalten zeigen, hat eine Studie an der University of California, San Diego in Kalifornien bestätigt. 36 kleinere – in kritischen Situationen besser beherrschbare – Hunde wurden als Probanden ausgewählt und mit drei unterschiedlichen Situationen konfrontiert, in denen die Hundehalter ihren Vierbeiner ignorierten und ihre Aufmerksamkeit stattdessen jeweils auf ein anderes Objekt richteten. Um möglichst authentische Ergebnisse zu erzielen, wurden die Hunde in ihrer gewohnten Umgebung gefilmt.
In der ersten Situation bekamen die Hundehalter die Aufgabe, so zu tun, als würden sie mit einem realistisch aussehenden Stoffhund, der auf Knopfdruck bellen und mit dem Schwanz wedeln konnte, spielen. In der zweiten Versuchsanordnung wurden sie angewiesen, mit einem Eimer in Form einer Kürbislaterne wie mit einem echten Hund zu interagieren. Für das dritte Experiment sollten sie aus einem Buch mit Aufklappbildern und Musik vorlesen. Vor allem die erste Untersuchungssituation löste Reaktionen bei den Hunden aus, die mit Eifersucht assoziiert werden können. Knapp ein Viertel versuchte, seinen menschlichen Partner von der Hundeattrappe, dem vermeintlichen Konkurrenten, wegzudrängen oder suchte den Körperkontakt zu seinem Halter, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. Bei den anderen beiden Objekten waren derartige Verhaltensweisen, die auf Eifersucht hindeuten, weniger bis gar nicht zu beobachten. Die teilnehmenden Hunde zeigten demnach dann ein eifersuchtsähnliches Verhalten, wenn sie die momentane Beziehung zu ihrem Halter als »bedroht« wahrnahmen.
Eifersucht oder Ressourcenverteidigung?
Nicht nur in der Mensch‐Hund‐Interaktion spielt Eifersucht eine Rolle, scheinbar auch bei Hunden untereinander, die zum Beispiel gemeinsam in einem Haushalt leben, kommt es zu Rivalitäten. Streitereien um den Futternapf, den Lieblingsschlafplatz oder das Spielzeug sind nicht nur für den Menschen nervenaufreibend. Vor allem bei ungeklärten Konflikten innerhalb des Rudels kann es vorkommen, dass Hunde besitzergreifend werden und »ihren Besitz« offensiv, zum Teil sogar aggressiv verteidigen. Ein solches Verhalten kann jedoch nur bedingt als Eifersucht interpretiert werden. Vielmehr handelt es sich hierbei um Ressourcenverteidigung. Bei Straßen‐ und Wildhunden ist dieses Verhalten besonders ausgeprägt und durchaus sinnvoll. Im Kampf ums Überleben kann das Verteidigen eines kleinen Futterbrockens bereits entscheidend sein. Ein wenig von diesem Instinkt schlummert auch in unseren Haushunden, egal wie lange sie schon in einer Familie leben. Deswegen ist es gar nicht so unüblich, dass sie ihr Eigentum verteidigen. Ein solches Verhalten ist – wohlgemerkt in Maßen – grundsätzlich also keine Verhaltensstörung oder unbegründete Aggression. Allerdings ist es auch keine Eifersucht – der Hund beschützt lediglich, was ihm gehört.
Hunde sind zur Eifersucht fähig – das ist wissenschaftlich bestätigt. Dennoch ist der Prozess der Eifersucht beim Menschen komplexer als der bei Hunden. Hunde reagieren auf die momentane Situation, antizipieren nicht zukünftige Auswirkungen. Die Studie hat aber eine gute Ausgangslage für weitere Forschungen geschaffen, um unsere geliebten Vierbeiner besser verstehen und deren Verhalten richtig einordnen zu können.
Autor: Susann S.
Bilder: Jacqueline G.
erschienen in TierZeit Ausgabe 10
14. Dezember 2014