Lieber zum Arzt oder zu Hause selbst erlösen?
Leider passiert dies allen Pflegern eines Aquariums einmal: Eines der Tiere macht einen schlechten Eindruck, verweigert das Futter oder zeigt sogar sehr deutliche Krankheitsanzeichen. Was ist nun zu tun, wenn ein Fisch einen leidenden Eindruck macht?
Viele Tierärzte weigern sich, einen kleinen Zierfisch einzuschläfern oder sind fachlich nicht ausreichend darauf spezialisiert. Die Lösung wäre, den Fisch selbst zu erlösen, aber ist das überhaupt erlaubt? Die Gesetzeslage ist in Deutschland diesbezüglich sehr schwammig:
»Ein Wirbeltier darf nur unter Betäubung oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. […] Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.«
(§ 4 Abs. 1 TierSchG)
Die Gesetzgebung lässt Aquarienbesitzer im Unklaren, was notwendige Kenntnisse sind oder welches die schmerzfreieste Methode ist, einen Zierfisch zu erlösen. Aufgrund der immer größer werdenden Beliebtheit von Zierfischen im Aquarium oder Gartenteich sind mittlerweile sehr viele verschiedene Möglichkeiten bekannt. Leider sind nicht alle Methoden für das Tier schmerzfrei. Beispiele für selbst zu Hause durchführbare Tötungen sind:
Genick‐ oder Kopfschnitt
Hier wird mit einem scharfen Messer, besser noch Skalpell, das Genick des Fisches durchtrennt. Bei kleineren Tieren sollte der gesamte Kopf abgetrennt werden. Wenn der Schnitt richtig durchgeführt wird, ist dies eine sichere, schnelle und schmerzfreie Methode.
Salzeiswasser
Salzwasser hat einen sehr viel tieferen Gefrierpunkt als 0 Grad Celsius, bleibt also bei den benötigten tieferen Temperaturen noch flüssig. Der genaue Gefrierpunkt ist vom Salzgehalt abhängig: je höher, desto tiefer. Das Salz muss vollständig in Wasser gelöst und anschließend einige Stunden in die Tiefkühltruhe gestellt werden. Ein mit diesem Wasser übergossener Fisch jeder Größe ist augenblicklich tot.
Kochendes Wasser
Kleine Arten wie Salmler kochen bei dem Übergießen mit kochendem Wasser in Sekundenbruchteilen durch, größere Arten erleben jedoch noch einige Augenblicke bei lebendigem Leibe, wie ihre Zellen verbrennen. Diese Methode sollte daher bei keiner Fischart angewandt werden.
Einfrieren
Fische sind zwar wechselwarme Tiere, aber es ist nicht ausreichend bekannt, ob sie wie einige andere wechselwarme Tierarten in eine Kältestarre fallen. Es ist davon auszugehen, dass die langsam abfallende Temperatur sehr unangenehm für das Tier ist. Zudem sind Blutgerinnsel und die Zerstörung von Zellen als Folgen dieser Tötungsmethode bekannt. Sie sollte daher in keinem Fall durchgeführt werden.
Medikamente
Nelkenöl und Tricain sind nur zwei der empfohlenen Mittel, mit denen man Fische angeblich schmerzfrei einschlafen lassen kann. Je nach Art und Größe benötigen die Tiere verschiedene Dosierungen. Ohne die Rücksprache mit einem Tierarzt mit entsprechender Fachkenntnis sollte diese Methode daher nicht praktiziert werden.
In der Toilette
Der leider immer noch sehr häufige Rat, einen noch lebenden Fisch die Toilette herunter zu spülen, sollte keinesfalls befolgt werden. Die Tiere leiden im schlimmsten Fall noch tagelang. Zudem ist das mit dem Runterspülen verbundene »Auswildern« aufgrund der damit einhergehenden Faunenverfälschung bei vielen Arten strafbar.
Mit der Erlösung des Tieres ist es aber nicht getan. Um das Erkranken weiterer Tiere zu vermeiden, sollte unbedingt abgeklärt werden, warum das Tier erkrankt ist. Eine Sektion des toten Tieres kann es zwar nicht mehr zurückbringen, aber oftmals den restlichen Bestand retten und Haltungsfehler aufdecken. Daher ist es nur zu empfehlen, das Tier von einem fachkundigen Tierarzt untersuchen zu lassen oder es direkt an ein Labor zu schicken. Ein verantwortungsvoller Aquarianer sollte sich frühzeitig mit diesem schwierigen Thema auseinandersetzen und sich über für seine Fischarten geeignete Tötungsmethoden informieren, um zu gegebener Zeit seinen Tieren gegenüber verantwortungsvoll handeln zu können.
Autor: Christina H.
Bilder: Christina H. (Black Molly), Carina T. (Aquarium)
erschienen in TierZeit Ausgabe 6
11. August 2013
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