Pflanzen verändern unsere Umwelt
Nicht nur Tiere wandern in fremde Gebiete ein, auch Pflanzen erobern neue Lebensräume. Ihre oft winzigen Samen gelangen unauffällig an der Kleidung haftend über den Menschen mit Schiffen oder mit Flugzeugen in andere Ökosysteme. Andere Arten werden gezielt als Nutzpflanzen ausgebracht (wie Raps, Kartoffeln, Mais) oder als Zierpflanzen importiert. Etwa zehn Prozent dieser Pflanzen gelingt es aufgrund geeigneter Standortbedingungen bei uns Fuß zu fassen und sich rasant zu vermehren.
Die meisten dieser sogenannten Neophyten haben kaum wahrnehmbare Auswirkungen, einige verändern deutlich sichtbar die Umwelt, andere können sogar Mensch und Tier gefährden. Pflanzen, die in ein fremdes Ökosystem eindringen, stehen in Konkurrenz zu anderen Pflanzenarten. Ihre Ausbreitung wird erst dann möglich, wenn sie bisher unbesetzte ökologische Nischen einnehmen oder gegenüber den anderen Pflanzen Vorteile haben – sei es beispielsweise durch schnelleres Wachstum oder effektivere Samenverbreitung. Dringt auf diese Weise eine neue, invasive Pflanzenart in ein Ökosystem ein, verdrängt sie möglicherweise andere Pflanzen mit ähnlichen Standortansprüchen. Dies kann verschiedene Auswirkungen – positive wie negative – auf die Nahrungskette, die biologische Vielfalt oder die Böden haben. Zudem verbreiten sich mit den Pflanzen möglicherweise auch Krankheitserreger. Die Ausbreitung geschieht zunächst meist unbeachtet und rückt oft erst dann in das Interesse der Öffentlichkeit, wenn ganze Landstriche von einer Art dominiert werden oder Gefahren bekannt werden, die unter Umständen von einem Neophyten ausgehen. Ein Beispiel hierfür ist der ursprünglich in den 1980er‐Jahren als Zierpflanze eingeführte Riesen‐Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), dessen Pflanzensaft Hautentzündungen und schwere Verbrennungen hervorrufen kann. Weitere hierzulande bekannte invasive Arten sind unter anderem die Kanadische Goldrute, der Japanische Staudenknöterich, die Späte Traubenkirsche, die Schmalblättrige Wasserpest, die Robinie und die Lupine, um nur einige zu nennen.
Die beiden im Folgenden vorgestellten invasiven Neophyten sind ebenfalls gerade dabei, unsere Umwelt nachhaltig zu verändern.
Das Drüsige Springkraut
Wer im Wald und an Gewässerläufen spazieren geht, kann es nicht übersehen: das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera). Überall breitet sich diese bis zwei Meter hohe, einjährige Pflanze mit den großen rosafarbenen Blüten aus. Diese schönen Blüten sind der Grund, weshalb diese Pflanze ursprünglich im 19. Jahrhundert als Zierpflanze aus dem Himalaya in die europäischen Gärten gelangt ist. Dank ihrer bei Berührung aufspringenden Samenkapseln kann die Pflanze bis zu 4 000 Samen etwa sieben Meter weit schleudern und somit in einem großen Umkreis verbreiten. Stehen die Pflanzen am Ufer eines Gewässers und die Samen werden vom Wasser mitgetragen, kann sich der Bestand innerhalb weniger Jahre am ganzen Ufer entlang ausbreiten. Inzwischen sind häufig kilometerweite Reinbestände dieser Art zu sehen. Vielerorts wurden daher teure Bekämpfungsmaßnahmen eingeführt, die aufgrund der schnellen Ausbreitung des Springkrauts nur teilweise von Erfolg gekrönt waren. Ob das Drüsige Springkraut aber tatsächlich einheimische Arten verdrängt, ist noch nicht gänzlich geklärt. Im heimischen Garten kann die Pflanze am besten entfernt werden, wenn sie beim Auftreten der ersten Blüten vor der Samenbildung abgeschnitten oder ausgerissen wird.
Ambrosia
Ambrosia oder das Beifussblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) ist ebenfalls ein bekannter pflanzlicher Neophyt, der sich vor allem seit den 1990er Jahren hierzulande immer stärker ausbreitet. Die Samen des aus Nordamerika stammenden, unauffällig blühenden Krautes werden vor allem über Saatgut, Futtermischungen und Erdmaterial verbreitet. Entlang der Transportwege findet an den Straßenrändern eine zunehmende Ausbreitung statt. Da bei der Ernte von Sonnenblumensamen das auf den Feldern als Unkraut wachsende Traubenkraut mitgeerntet wird, hält es über verunreinigte Wildvogelfuttermischungen selbst in privaten Gärten Einzug.
Diese Pflanze ist weniger für die heimische Tierwelt und Artenvielfalt ein Problem, sondern vielmehr für die Gesundheit des Menschen. Da ihre Pollen ein extrem hohes Allergiepotenzial besitzen, Kontaktdermatitis auftreten kann und Kreuzallergien – unter anderem mit Melonen oder Bananen – nicht selten sind, wird die Ambrosia aufwendig bekämpft. Viele Menschen erkennen sie aber gar nicht, sodass sie sich oft ungehindert ausbreiten kann. Im heimischen Garten sollte die Pflanze sofort entfernt werden, die Verwendung von ambrosiakontrollierten Futtermischungen kann einer Ausbreitung vorbeugen.
Autor: Carina T.
Bilder: Carina T.
erschienen in TierZeit Ausgabe 9
24. August 2014
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