Vorsicht Tiere

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Was bei Unfällen zu beachten ist

Schnell ist es passiert: Auf der Land­straße springt plöt­zlich ein Reh auf die Fahrbahn. Haben der Fahrer und das Tier Glück, kom­men bei­de mit einem Schreck­en davon. Lei­der bleibt es oft­mals nicht dabei, ein riskantes Auswe­ich­manöver mit Sach­schaden oder gar eine Kol­li­sion mit Verletzungs‐ oder Todes­folge des Tieres lassen sich nicht ver­mei­den. Doch was ist in so ein­er Sit­u­a­tion zu tun? Muss ein Unfall mit einem Wildti­er gemeldet wer­den und wenn ja, wem? Welche Reak­tion ist richtig?

Statistisch gesehen

Alex S - GrasfroschJährlich gibt es in Deutsch­land mehr als 200 000 Verkehrsun­fälle mit Wildtieren, wie aus den regelmäßi­gen Sta­tis­tiken des Deutschen Jagdver­ban­des her­vorge­ht. Vor allem Rehwild fällt dem Straßen­verkehr häu­fig zum Opfer, allein 2012/2013 kamen 198 355 Tiere zu Tode. Nicht ganz so gravierend, aber den­noch beachtlich sind die Zahlen bei Schwarzwild mit 25 161 getöteten Tieren. Dahinge­gen gab es 4 379 tödliche Unfälle mit Damwild und 2.869 tödliche Unfälle mit Rotwild. Die Dunkelz­if­fer dürfte jedoch um einiges höher sein, denn nicht alle Unfälle wer­den gemeldet. Zudem wer­den nur Unfälle mit Großtieren wie Rotwild, Rehen oder Wild­schweinen erfasst, kleinere Tier­arten wie Hasen, Igel, Amphi­bi­en, Rep­tilien oder Vögel find­en in der Sta­tis­tik keine Berück­sich­ti­gung. Angesichts dieser hohen Zahlen wird deut­lich: Es kann jeden zu jed­er Zeit tre­f­fen. Ger­ade deshalb ist es wichtig, darauf vor­bere­it­et zu sein, um einem ver­let­zten Tier im Bedarfs­fall helfen zu kön­nen oder gar das Bege­hen ein­er möglichen Straftat zu ver­hin­dern.

Ruhe bewahren

Grund­sät­zlich gilt: Vor­sicht ist bess­er als Nach­sicht. Ger­ade in der Nähe von Wäldern, in durch Wild­wech­selschilder gekennze­ich­neten Gebi­eten oder auf Straßen, deren Leitp­fos­ten mit Wild­warn­re­flek­toren (siehe TierZeit Aus­gabe 9, Seite 26) aus­ges­tat­tet sind, ist vorauss­chauen­des Fahren und eine angepasste Geschwindigkeit umso mehr ein Muss. Doch aller Vorauss­chau zum Trotz lassen sich unge­wollte Begeg­nun­gen mit Wildtieren lei­der nicht immer ver­mei­den. Kommt es zum Zusam­men­stoß, darf auf keinen Fall weit­erge­fahren wer­den, da dies den Tatbe­stand der Fahrerflucht erfüllt und einen Ver­stoß gegen das Tier­schutzge­setz darstellt. Wer ein ange­fahrenes Tier find­et, sollte nicht ein­fach vor­beifahren, son­dern eben­so han­deln. Zunächst ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, denn ein ver­let­ztes Tier kann ängstlich oder panisch reagieren. Schließlich sollte die Unfall­stelle und das ange­fahrene Tier gesichert wer­den. Ist das Tier ver­let­zt, stellt sich zu Recht die Frage, ob es selb­st zum Tier­arzt gebracht wer­den darf, um ihm schnell­st­möglich die wom­öglich leben­sret­tende Hil­fe zukom­men zu lassen. Hier gibt es einiges zu beacht­en, denn wird ein Tier, das dem Jag­drecht unter­liegt (siehe § 2 Bun­des­jagdge­setz), mitgenom­men, han­delt es sich streng genom­men um Wilderei und ist dem­nach ver­boten. Daher emp­fiehlt es sich, immer erst die Polizei oder die Feuer­wehr über den Unfall zu informieren, um Hil­fe anzu­fordern oder sich gegebe­nen­falls über die weit­ere Vorge­hensweise aufk­lären zu lassen. Muss das Tier an der Unfall­stelle verbleiben, darf diese bis zum Ein­tr­e­f­fen der Ret­tungskräfte oder des zuständi­gen Revier­försters nicht ver­lassen wer­den. Außer­dem sollte Abstand gehal­ten wer­den – auch bei einem ver­meintlich toten Tier, das unter Umstän­den nur ohn­mächtig ist und wieder zu Bewusst­sein kom­men kön­nte, da hier für einen selb­st erhöhte Ver­let­zungs­ge­fahr beste­ht.

Wer den Schaden hat …

… fragt sich zu Recht, ob er diesen erset­zt bekommt. Meis­tens übern­immt die Teilka­skover­sicherung den Schaden. Doch es gibt Aus­nah­men. Der Ver­sicherungss­chutz gilt über­wiegend nur bei Unfällen mit Haar­wild. Dazu gehören nach § 2 Bun­des­jagdge­setz unter anderem Rotwild, Rehwild, Damwild, Füchse, Wild­kan­inchen oder Feld­hasen. Außer­dem wird in diesem Zusam­men­hang vielfach die Frage disku­tiert, ob aus­gewichen oder “draufge­hal­ten” wer­den soll. Zumal das ver­sicherungsrechtlich rel­e­vant sein kann. Denn durch ein Auswe­ich­manöver, bei dem ein Zusam­men­stoß mit dem Tier und dadurch ein Schaden ver­hin­dert wer­den soll, sind nicht sel­ten den­noch Schä­den am eige­nen Fahrzeug oder gar Unfälle mit dem ent­ge­genk­om­menden Verkehr die Folge. Deshalb sollte dies nie die bevorzugte Reak­tion sein. Doch nicht immer lässt sich das ver­mei­den, denn entsch­ieden wer­den muss oft in einem Bruchteil ein­er Sekunde. Hier zahlt die Teilka­skover­sicherung nicht, son­dern nur eine Vol­lka­skover­sicherung. Es sei denn, das Auswe­ichen diente als soge­nan­nte »Ret­tungs­maß­nahme« – nicht für das Tier, son­dern für das Fahrzeug, um einen Schaden durch einen Zusam­men­stoß zu ver­hin­dern. Voraus­set­zung ist, dass der mögliche Schaden größer sein muss als das einge­gan­gene Schaden­srisiko durch das Auswe­ich­manöver. Wird zum Beispiel einem Wild­schwein aus­gewichen, zahlt die Teilka­skover­sicherung den dadurch ent­stande­nen Schaden, bei einem Hasen oder Igel hinge­gen in der Regel nicht. Der Nach­weis des Unfall­her­gangs ist dabei jedoch oft nicht ein­fach, son­dern bedarf besten­falls ein­er Zeu­ge­naus­sage. Noch vor Ort sollte sich der Geschädigte eine Wild­schadens­bestä­ti­gung von der Polizei oder dem zuständi­gen Jagdpächter ausstellen lassen.

Unfälle mit Haustieren

Im All­t­ag passiert es lei­der häu­fig, dass nicht nur Wildtiere, son­dern auch Haustiere wie Katzen oder Hunde ange­fahren wer­den. Selb­st wenn am Fahrzeug kein Schaden ent­standen ist, gebi­etet es die Moral, sich hier eben­falls nicht ein­fach vom Unfal­lort zu ent­fer­nen, son­dern dem ver­let­zten Tier Hil­fe zu leis­ten. Jacqueline G - Unfall mit HundDabei muss hier äußerst vor­sichtig vorge­gan­gen wer­den. Denn ein unter Schock ste­hen­des oder unter Schmerz lei­den­des Tier ist nicht immer berechen­bar, beißt oft wild um sich. Um sich nicht selb­st zu ver­let­zen, soll­ten ein paar dicke Hand­schuhe immer im Fahrzeug griff­bere­it sein. Nach­dem die Unfall­stelle abgesichert, das ver­let­zte Tier eventuell vor­sichtig von der Fahrbahn wegge­bracht und auf eine Decke gelegt oder darin eingewick­elt wurde, sollte unverzüglich eine fachärztliche Behand­lung beim Tier­arzt oder in ein­er Tierklinik erfol­gen. Hier kön­nen zugle­ich anhand von einem Chip oder ein­er Tätowierung, wenn vorhan­den, die Iden­tität des Tieres und dessen Besitzer ermit­telt wer­den – auch bei toten Tieren. Über Adressen und Bere­itschafts­di­en­ste gibt die Polizei Auskun­ft.

Neben der trau­ri­gen Tat­sache, dass ein Tier durch einen Unfall ver­let­zt oder gar getötet wurde, ist vor allem der Schaden­saus­gle­ich für die Betrof­fe­nen von Bedeu­tung. Wer zahlt die Tier­arztkosten? Wer haftet für den ent­stande­nen Schaden am Fahrzeug? Wer erset­zt »den Wert« des Tieres? Hier regelt das Gesetz den Schaden­saus­gle­ich. Laut § 833 Bürg­er­lich­es Geset­zbuch muss grund­sät­zlich der Hal­ter des Tieres für den Unfallschaden aufkom­men. Da Schä­den schnell eine beträchtliche Höhe erre­ichen kön­nen, emp­fiehlt es sich, eine spezielle Tier­hal­ter­haftpflichtver­sicherung abzuschließen. Bei kleineren, zah­men Tieren wie zum Beispiel Katzen springt meist die Pri­vathaftpflichtver­sicherung ein. Wenn kein Besitzer oder Hal­ter des Tieres aus­find­ig gemacht wer­den kann, bleibt der Geschädigte auf den Kosten sitzen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, das Tier bei der Deutschen Tier­meldezen­trale (www.tiermeldezentrale.de) oder auch beim örtlichen Tier­schutzvere­in mit einem Foto zu melden – nicht nur, um einen eventuellen Schaden erset­zt zu bekom­men, son­dern vor allem, damit der Hal­ter sein geliebtes Hausti­er zurück­bekommt.

Richtiges Verhalten bei Unfällen mit Tieren

Alex S - WildschweinBei Wildtieren:

  1. Anhal­ten, Fahrzeug sich­er abstellen
  2. Unfall­stelle und verletztes/totes Tier sich­ern
  3. Polizei oder Feuer­wehr anrufen
  4. Warten, Tier beobacht­en, Abstand hal­ten

Bei Haustieren:

  1. Anhal­ten, Fahrzeug sich­er abstellen
  2. Unfall­stelle sich­ern
  3. Tier, wenn möglich, von der Straße ent­fer­nen, und ver­suchen Weglaufen zu ver­hin­dern; son­st auf der Fahrbahn sich­ern
  4. a) totes oder leicht ver­let­ztes Tier in ein­er Wohnge­gend: bei Anwohn­ern klin­geln, um Besitzer aus­find­ig zu machen; falls nicht möglich zum Tier­arzt fahren (in ein­er Box/einem Kar­ton), um Tier zu behan­deln oder zum Chip ausle­sen
    b) Unfall außerorts, nachts oder Tier schw­er ver­let­zt: Polizei informieren, Tier vor­sichtig ins Auto brin­gen, zum Tier­arzt fahren

Autor: Susann S.
Bilder: Alex S. (Frosch), Jacque­line G. (Hund)

erschie­nen in TierZeit Aus­gabe 11
14. Juni 2015

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