Das älteste Nutztier des Menschen
Seit Jahrtausenden domestizieren und züchten Menschen aller Kulturen verschiedene Tierarten, um sie zu ihrem Nutzen zu halten und um das eigene Leben erleichtern zu können. Noch immer besteht der Glaube, dass das älteste Nutztier das Schaf sei, welches vor rund 10 000 Jahren, vermutlich in Anatolien, domestiziert und das erste Mal gezüchtet wurde. Der Nutzen war dabei vielfältig: Das Schaf galt nicht nur als Milch‐ und Fleischlieferant, sondern war durch seine Wolle eine wichtige Wärmequelle für den Menschen. Tatsächlich ist allerdings der Hund das älteste Nutztier des Menschen. Während zunächst die Annahme galt, dass er vor circa 14 000 Jahren in Ostasien vom Menschen domestiziert wurde, konnten neuere Forschungen aufzeigen, dass der Beginn des gemeinsamen Weges mit dem Menschen bereits vor über 30 000 Jahren in Europa zu datieren ist. Grund für diese Annahme ist der Fund hundeartiger Fossilien in menschlichen Gräbern in Europa und Sibirien.
Was ist Domestikation?
Die Domestikation ist ein Prozess, bei dem der Mensch eine Pflanzen‐ oder Tierart über Generationen hinweg nach seinen wirtschaftlichen und/oder sozialen Bedürfnissen gestaltet. Durch die selektive Zucht können sich nur jene Individuen fortpflanzen, die den menschlichen Vorstellungen am meisten entsprechen, sodass der Mensch sie künftig für seinen Nutzen gebrauchen kann. Tiere werden zusätzlich durch die Haltung in unmittelbarer Nähe zum Menschen gezähmt.
Domestikation und Nutztierhaltung
Die meisten Nutztiere wurden vor vielen tausend Jahren domestiziert und für den menschlichen Gebrauch gezüchtet. Doch es gibt auch Arten, deren Zucht so kompliziert und aufwendig ist, dass sich dies für den Menschen nicht lohnt. Ein Beispiel dafür ist der Arbeitselefant in Indien. Die verhältnismäßig lange Trächtigkeit von beinahe zwei Jahren und ihr Ausfall von rund fünf Jahren für die Aufzucht ihres Nachwuchses erschwert die Zucht und die Haltung der Tiere. Außerdem kann die hohe Aggressivität des Muttertieres für den Menschen zur ernsthaften Gefahr werden. Aus diesem Grund werden wilde Elefanten mithilfe von bereits gezähmten Elefanten eingefangen und anschließend abgerichtet. Die Arbeitselefanten sind damit fast ausschließlich wilde Tiere, die genetisch vom Menschen kaum beeinflusst werden.
Auch Tiere halten Nutztiere
Ameisen halten sich Blattläuse, um diese zu »melken«. Um genügend Aminosäuren aus Pflanzensäften aufzunehmen, saugen Blattläuse zu viel Wasser und Zucker aus den Pflanzen. Beides wird als Honigtau wieder abgegeben und von Ameisen als Nahrungsquelle geliebt. Deshalb verteidigen sie die Läuse gegen Fressfeinde. Zusätzlich unterdrücken sie aktiv das Abwandern der Blattläuse. Wie Milchkühe haben die Blattläuse keine andere Wahl, als zu bleiben und sich melken zu lassen.
Das 2- bzw. 3-Nutzungsrind
Rinder sind üblicherweise als Fleisch‐ und Milchlieferant bekannt. Jene, die der Mensch vorwiegend aus diesen zwei Gründen zu seinem Nutzen hält, werden auch als 2‐Nutzungsrinder bezeichnet. Eine Rasse dieser Nutzungsrinder ist beispielsweise das berühmte Koberind, dessen Fleisch bis zu 600 Euro pro Kilogramm kosten kann. Neben dem 2‐Nutzungsrind existiert allerdings auch noch das 3‐Nutzungsrind. Dieses wird ebenfalls als Fleisch‐ und Milchlieferant gehalten, hat für den Menschen durch seine Körperkraft allerdings noch einen erweiterten Nutzen. Aufgrund seiner Zugkraft dient es auch als Zugtier an Pflügen, Wagen oder gar zum Verrücken schwerer Holzlasten. Das vor dem Aussterben bedrohte Rote Höhenvieh gehört klassischerweise zu den 3‐Nutzungsrindern. Die Bezeichnung als 2- bzw. 3‐Nutzungsrind ergibt sich also aus der Anzahl der möglichen Tätigkeiten des Rindes für den Menschen.
Das kleinste Nutztier
Klein, aber oho: Bienen sind die kleinsten Nutztiere, die der Mensch zu seinem Vorteil gebraucht. Dabei sind sie in ihrer Tüchtigkeit ganz groß: Sie produzieren jährlich nicht nur über 25 000 Tonnen Honig für uns. Auf ihrer täglichen Jagd nach Nektar unternehmen sie bis zu 30 Flüge und bestäuben pro Flug bis zu 300 Blüten. Somit bestäuben Bienen circa 84 Prozent unserer Obstbäume und Sträucher. Neben dem schmackhaften Honig sind sie also auch der Grund dafür, dass wir leckeres Obst auf dem Teller haben und Weidevieh köstliches Gras fressen kann. Aufgrund ihres guten Geruchssinns werden sie auch immer häufiger zum Aufspüren von Minen ausgebildet. Dabei werden sie mit Zuckerwasser und Spuren von TNT gefüttert, was sie nach einer gewissen Zeit befähigt, den Sprengstoff als Nahrung zu identifizieren und dadurch künftig gezielt nach Minen zu suchen. Ihr geringes Gewicht macht sie dabei besonders wertvoll: Während Hunde und selbst Ratten für manche Minen zu schwer sind, wiegen Bienen so wenig, dass sie die Minen während des Aufspürens nicht auslösen.
Autoren: Lisa M., Alex S.
Bilder: Jacqueline G. (Hund), Alex S. (Ratte, Ameisen, Kuh), Christina H. (Elefant), Carina T. (Biene)
erschienen in TierZeit Ausgabe 10
14. Dezember 2014
zum Weiterlesen:
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Herdenschutz – Die richtige Sicherheit für Nutztiere
Zoovorstellung – Die Arche Warder