Bedroht: Das Goldgelbe Löwenäffchen

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Quirlig und neugierig, mit gold­en glänzen­dem Fell und wusche­liger Löwen­mähne, das Goldgelbe Löwenäf­fchen (Leon­to­p­ithe­cus ros­alia) ist unleug­bar ein niedlich­es Geschöpf. Sein süßes Ausse­hen wurde dem kleinen Pri­mat­en jedoch fast zum Ver­häng­nis – durch ille­galen Fang für den Tier­han­del wurde das Äffchen beina­he aus­gerot­tet. Inzwis­chen gibt jedoch es Bemühun­gen um seine Wieder­an­sied­lung.

Laura E - Goldgelbes LöwenäffchenVon den vier Löwenäf­fchenarten ist das Goldgelbe Löwenäf­fchen das bekan­nteste. Es lebt auss­chließlich im Südosten Brasiliens, wo es die Baumwipfel tro­pis­ch­er Regen­wälder bewohnt. Goldgelbe Löwenäf­fchen gebären meis­tens Zwill­inge, sog­ar Drillinge oder Vier­linge wur­den schon beobachtet, was unter Pri­mat­en eine Beson­der­heit ist. Die Aufzucht der Jun­gen ist Fam­i­lien­sache: Die Mut­ter säugt, der Vater und die älteren Geschwis­ter tra­gen die Kleinen, bis sie selb­st klet­tern kön­nen. Um sich aus­re­ichend mit Frücht­en und Insek­ten ver­sor­gen zu kön­nen, benötigt eine Löwenäf­fchen­fam­i­lie, die bis zu zwölf Mit­glieder haben kann, etwa 50 Hek­tar Wald. Dabei sind Löwenäf­fchen rel­a­tiv kleine Pri­mat­en, obwohl sie mit bis zu 34 Zen­time­ter Kör­per­länge, einem eben­so lan­gen Schwanz und einem Gewicht bis zu 800 Gramm immer­hin die größten Vertreter der Kral­lenaf­fen sind. Im Gegen­satz zu anderen Pri­mat­en haben sie keine flachen Nägel, son­dern kral­lenar­tige, die ihnen sowohl das Hin­aufk­let­tern der Stämme als auch sicheren Halt im Geäst ermöglichen.

Wer ein­mal Löwenäf­fchen in einem Zoo beobachtet hat, der weiß, dass die kleinen Affen niemals still sitzen. Blitzschnell klet­tern und sprin­gen sie herum, jagen sich gegen­seit­ig oder unter­suchen neugierig ihre Umge­bung. Es wird nie lang­weilig, ihnen zuzuse­hen. Kaum ver­wun­der­lich, dass das Goldgelbe Löwenäf­fchen Opfer des Tier­han­dels wurde, doch der ille­gale und unkon­trol­lierte Fang machte ihm schw­er zu schaf­fen. Den Schwarz­markt inter­essiert Tier­schutz nicht und so wurde das Goldgelbe Löwenäf­fchen an die Gren­ze der Aus­rot­tung getrieben. Nach­dem der Bestand in den 70er Jahren auf etwa 150 Tiere gesunken war und das Goldgelbe Löwenäf­fchen damit ern­stlich dro­hte, aus der freien Wild­bahn zu ver­schwinden, wurde ein aufwendi­ges und lang­wieriges Zucht‐ und Wieder­an­sied­lung­spro­gramm ges­tartet. 140 Zoos auf der ganzen Welt züchteten zehn Jahre lang Goldgelbe Löwenäf­fchen mit dem Ziel, sie in ihrer Heimat, dem brasil­ian­is­chen Küsten­re­gen­wald, auszuwildern. Damit sollte nicht nur die wilde Pop­u­la­tion wieder aufge­stockt wer­den, die Zootiere soll­ten vor allem zur genetis­chen Auf­frischung des arg geschrumpften Gen­pools dienen. 1984 wur­den die ersten Löwenäf­fchen in großen Käfi­gen aus­gewil­dert, doch zunächst erlitt das Pro­jekt herbe Rückschläge. Ein Großteil der ersten Löwenäf­fchen ver­starb und nur wenige kamen tat­säch­lich allein in der Frei­heit zurecht. Um die Über­leben­schan­cen der zooge­bore­nen Löwenäf­fchen zu erhöhen, wurde die Betreu­ung der Tiere extrem ver­stärkt. Sie wur­den besendert, im Wald zuge­füt­tert, regelmäßig einge­fan­gen, um tierärztliche Unter­suchun­gen durchzuführen und täglich beobachtet. Dieser Aufwand hat sich gelohnt: Die Erfol­gsquote der Auswilderun­gen stieg enorm und das Goldgelbe Löwenäf­fchen eroberte die Wälder für sich zurück. 153 Goldgelbe Löwenäf­fchen wur­den ins­ge­samt in ihre Heimat zurück­ge­bracht. Der in freier Wild­bahn geborene Nach­wuchs von Löwenäf­fchen aus dem Zoo stellte den Durch­bruch dar, von nun an ver­mehrten sich die kleinen Pri­mat­en stetig und die Pop­u­la­tion wuchs auf über 800 Tiere. Im Jahr 2000 wurde das Auswildern Goldgel­ber Löwenäf­fchen eingestellt und nur drei Jahre später kon­nte die Art auf der Roten Liste der IUCN von »kri­tisch gefährdet« auf »gefährdet« zurück­gestuft wer­den. Heute leben wieder cir­ca 1.700 Goldgelbe Löwenäf­fchen im brasil­ian­is­chen Küsten­re­gen­wald, der Mata Atlân­ti­ca.

Laura E - Goldgelbes Löwenäffchen (2)

Lei­der gibt es trotz­dem noch kein Hap­py End. Denn der Leben­sraum schwindet. Die Wälder wer­den zur Her­stel­lung von Euka­lyp­tus­plan­ta­gen gerodet. Schlim­mer noch ist allerd­ings die Verin­selung des Waldes: Große Flächen Regen­wald wer­den abge­holzt, um Platz für weitläu­fige Viehwei­den zu schaf­fen. Übrig bleiben kleine, alle­in­ste­hende Waldge­bi­ete. Eine let­zte Ret­tung für die Löwenäf­fchen, doch auch eine Sack­gasse. Da die kleinen Affen auss­chließlich in den Bäu­men leben, kön­nen sie die weit­en Flächen zwis­chen den Waldin­seln nicht über­winden. Die Fol­gen sind fehlen­der genetis­ch­er Aus­tausch und Inzucht. Dadurch wer­den die Teilpop­u­la­tio­nen anfäl­liger für Krankheit­en, was eine ern­sthafte Bedro­hung für die ohne­hin geringe Gesamt­pop­u­la­tion darstellt. Abhil­fe sollen soge­nan­nte Wald­ko­r­ri­dore schaf­fen, das heißt »Baum­straßen«, die zwis­chen den Waldin­seln angepflanzt wer­den. Dazu müssen neue Wald­flächen gewon­nen wer­den, auf denen neue Bäume und Büsche angepflanzt wer­den. Obwohl diese Meth­ode langfristig wirk­sam ist, hat sie zwei schw­er­wiegende Hak­en: Die Bevölkerung ist arm und nur wenige Bauern erk­lären sich bere­it, ihr Wei­de­land für ein paar Bäume herzugeben, denn die Viehzucht ist für viele eine Lebens­grund­lage. Außer­dem dauert es lange, bis aus den kleinen Set­zlin­gen ein richtiger Wald gewach­sen ist, der den Löwenäf­fchen den Wech­sel zwis­chen den Waldin­seln ermöglicht. Den­noch ist es die einzige Chance, das Goldgelbe Löwenäf­fchen langfristig zu erhal­ten – und mit ihm einen einzi­gar­ti­gen Leben­sraum.

Autor: Lau­ra E.
Bilder: Lau­ra E.

erschienen in TierZeit Aus­gabe 10
14. Dezem­ber 2014

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