Einst bevölkerte das anpassungsfähige Raubtier nahezu ganz Europa und Teile Asiens, doch heutzutage ist es in vielen Regionen seines eigentlichen Verbreitungsgebietes ausgestorben: Der Eurasische Fischotter. Schuld daran war lange Zeit sein schlechter Ruf, inzwischen wird die Erholung der Bestände vor allem durch den Mangel an intakten Habitaten erschwert.
Lebensraum und Verhalten
Der Eurasische Fischotter ist vor allem in der Dämmerung aktiv und wie alle Otter ein semiaquatischer Marder. Vernetzte, großräumige Gewässersysteme, die Flachwasserzonen bieten, stellen seinen natürlichen Lebensraum dar. Dank ihres stromlinienförmigen, bis zu 90 Zentimeter langen Körpers und des muskulösen, bis zu 40 Zentimeter langen Schwanzes sowie der Schwimmhäute zwischen den Zehen sind die 4 bis 14 Kilogramm schweren Otter bestens an ein Leben an und im Wasser angepasst. Dort jagen die Nahrungsopportunisten vor allem nach Fischen. Sie können diesen jedoch nur im flachen Wasser nachstellen, da Fischotter nicht sehr tief tauchen können. Daher bevorzugen sie strukturierte Gewässer mit Höhlen und Nischen, in denen sie die versteckten Fische aufstöbern und erbeuten. Dabei kann der Fischotter eine Tauchgeschwindigkeit von bis zu sieben Kilometern pro Stunde erreichen und bis zu sieben Minuten unter Wasser bleiben.
Außerdem stehen Wassergeflügel, Kleinsäuger, Reptilien, Amphibien, Krebse, Schnecken, Muscheln, Insekten oder Aas auf dem Speiseplan der Wassermarder. Neben geeigneten Jagdgründen benötigt der Fischotter eine dichte Ufervegetation als Deckung vor seinen natürlichen Feinden wie Wolf, Luchs und Seeadler, aber auch domestizierten Hunden.
In freier Natur wird die Lebenserwartung des Fischotters auf 8 bis 13 Jahre geschätzt, wobei sie in Gefangenschaft ein Alter von über 20 Jahren erreichen können. Frühestens im dritten Lebensjahr sind die Tiere fortpflanzungsfähig. Nach 58 bis 62 Tagen werfen die Weibchen zwei bis drei etwa 100 Gramm schwere, noch blinde Jungtiere, die vom Muttertier bis zu 14 Wochen lang gesäugt werden. Doch auch danach umsorgt es seine Jungen intensiv und bringt ihnen unter anderem das Jagen bei. Im Alter von 8 bis 16 Monaten werden die jungen Fischotter selbstständig und verlassen das Muttertier, um sich ein eigenes Revier zu suchen. Leider erreichen nur 15 Prozent der Jungtiere ein Alter von mindestens drei Jahren.
Bedrohung
Der einzige in Europa heimische Otter war bis ins 19. Jahrhundert auf dem ganzen Kontinent verbreitet. Ab dem 20. Jahrhundert nahmen die Bestände allerdings zunehmend ab. Der schlechte Ruf des Fischotters, dem nachgesagt wurde, er töte gar Lämmer und Jagdhunde, die Konkurrenz mit Fischern und später die Verwendung seines Fells für Mützen, Krägen und Mäntel waren Gründe für die intensive Bejagung. Die Zerstörung der Lebensräume tat ihr Übriges. Am Ende entstand ein fischotterfreies Band in Mitteleuropa, das die westlichen Populationen von den östlichen trennte.
Mittlerweile steht der Fischotter in vielen Ländern Europas unter Schutz. Jedoch geht die natürliche Wiederansiedlung nur langsam voran. Schuld daran ist der Mangel an geeigneten Habitaten. Trockenlegung und Verbauung von Feuchtgebieten und Gewässern sowie die Abholzung von Ufervegetation reduzierten den Lebensraum drastisch. Ein weiteres Problem stellt die Belastung der Gewässer mit Schwermetallen, Pestiziden und Polychlorierten Biphenylen (PCB) dar. Über die Nahrung aufgenommen verringert sich die Fortpflanzungsrate der von PCB betroffenen Otter stark. Zusätzlich sind die Fischbestände, welche die wichtigste Nahrungsgrundlage der Fischotter darstellen, stark zurückgegangen. Der Straßenverkehr stellt eine weitere Gefahr dar.
Schutzmaßnahmen
Heutzutage darf der Fischotter nicht mehr bejagt werden. Zusätzlich profitieren die Wassermarder von den Flussrevitalisierungen, Renaturierungen und einer verbesserten Wasserqualität. Wildbestände können bereits wieder Teile des ursprünglichen Verbreitungsgebietes zurückgewinnen.
1985 begann das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für den Eurasischen Fischotter. Zahlreiche europäische zoologische Einrichtungen beteiligen sich an der Erhaltungszucht und profitieren von den aktiven Publikumslieblingen. Eine Wiederansiedlung in menschlicher Obhut geborener und aufgezogener Fischotter ist grundsätzlich geplant und wurde in Bayern, Bremen, Niedersachsen und Schleswig‐Holstein bereits erfolgreich durchgeführt. An anderen Orten ist eine Wiederansiedlung in Abklärung.
Autor: Alex S.
Bilder: Alex S.
erschienen in TierZeit Ausgabe 11
14. Juni 2015