Jedes Jahr aufs Neue wird von der »Schutzgemeinschaft Deutsches Wild« ein Wildtier des Jahres gewählt. Berücksichtigt werden dabei Lebensraum und Gefährdung der Art. Dadurch wird besonders auf die vielen verschiedenen Tiere aufmerksam gemacht, welche bei uns in Deutschland heimisch sind. Das Wildtier des Jahres 2015 ist der Feldhase. Und somit ist dieser das einzige Wildtier, welches es schon zum zweiten Mal auf den Thron geschafft hat.
In Deutschland ist der Feldhase immer weniger zu sehen. Das liegt vor allem daran, dass sein Lebensraum durch die Industrie und den Bau neuer Gebäude und Anlagen drastisch verkleinert wird. Der Feldhase ist an seinem braungrauen bis leicht gelblichen Fell zu erkennen, welches wunderbar an den Lebensraum des Hasen angepasst ist. Seine Ohren sind deutlich größer als die eines Kaninchens und haben in den meisten Fällen eine schwarze Spitze. Auf eine beachtliche Größe von 60 bis 70 Zentimeter Körperlänge bringt der Feldhase ein Gewicht von etwa 2,5 Kilogramm bis sogar 6,5 Kilogramm auf die Waage.
Der Feldhase ist überwiegend auf weiten, offenen Flächen beheimatet. Denn auch wenn der Bodenbewohner kurzsichtig ist, sind seine Augen so platziert, dass er fast über einen 360 Grad Blickwinkel verfügt. Auf dem Feld gräbt er sich kleine Mulden, die er immer wieder zu seinem Schutze nutzt. So flach wie möglich legt er sich in diese hinein und passt sich somit perfekt seiner Umgebung an. Im Winter lässt er sich einfach einschneien. Wenn Gefahr im Verzug ist, bleibt er solange dicht an den Boden gepresst wie möglich und hofft auf seine Tarnung. Erst kurz bevor der Feind ihn erreicht hat, schlägt er blitzschnell aus seiner Mulde und sucht das Weite. Bis zu 80 Kilometer pro Stunde kann er auf der Flucht zurücklegen. Meistens bleibt er aber in seinem Revier und gilt als standorttreu.
Das Sprichwort: »Die vermehren sich ja wie die Karnickel« hat durchaus seinen Hintergrund. In einem Jahr bringt eine Hasendame bis zu drei Würfe zur Welt. Diese bestehen in der Regel aus etwa drei Jungen pro Wurf. Die Wurfmenge resultiert aus der hohen Verlustrate durch Raubtiere wie Füchse, Marder und Greifvögel. Aber auch freilaufende Hunde und Katzen stellen eine große Gefahr für den Nachwuchs des Feldhasen dar. Der Feldbewohner ernährt sich von Kräutern und Gräsern. Aber auch sein eigener Blinddarmkot spielt in seiner Ernährung eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zu den bekannten Kotkügelchen ist dieser eher von breiiger Konsistenz. Dadurch kann der Feldhase wichtige Vitamine wieder aufnehmen.
Im Durchschnitt wird ein gesunder Feldhase bis zu 12 Jahre alt. Jedoch erreichen die wenigsten dieses beachtliche Alter und sterben durch unnatürliche Ursachen wie Autounfälle oder Raubtiere.
Jeder von uns kann mithelfen, den Feldhasen zu schützen. Hundehalter beispielsweise müssen ihre Vierbeiner schlicht vom Jagen abhalten. Außerdem kann eine Flächenpatenschaft übernommen werden. Mit dieser wird ein geschütztes Gebiet ausgewiesen, welches allein für die Tiere bestimmt ist. Organisiert werden diese Patenschaften von der deutschen Wildtier‐Stiftung. Am meisten schadet dem Bodenbewohner aber der Rückgang von Ackerrandstreifen und liegenden Gehölzen. Hieran arbeitet ebenfalls die deutsche Wildtier‐Stiftung, welche sich mit Politik, Forschung und auch den Landwirten zusammen getan hat, um die Rahmenbedingen zu verbessern. Alles in allem sind Schutzmaßnahmen für den Feldhasen allerdings noch sehr rar gesät, und das, obwohl der Feldhase bereits 2001 zum Wildtier des Jahres gewählt wurde.
In der Schweiz hingegen existiert bereits das ein oder andere Projekt für den Schutz des sympathischen Hopplers. Unter Leitung von Judith Zellweger‐Fischer existiert dort ein Projekt zur Überwachung und Förderung des Feldhasen. Die Bestandsüberwachung koordiniert die Schweizerische Vogelwarte im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Bis 1991 gehen die erfassten Bestandszahlen zurück. Außerdem wird die Bestandsentwicklung in verschiedenen Gebieten wie Grün‐ oder Ackerland noch einmal getrennt untersucht und betrachtet, um mögliche Trends zu finden. Im Zuge dessen wurde auch ermittelt, ob Biodiversitätsförderflächen eine positive Wirkung auf die Feldhasenpopulation haben. Bei derartigen Flächen handelt es sich um Pufferzonen neben landwirtschaftlichen Nutzflächen, die sich durch eine natürliche Vielfalt von Hecken, Bäumen und anderen Pflanzen auszeichnen. Die Vogelwarte kam zu dem Ergebnis, dass sich Feldhasen besonders in Ackerbaugebieten heimisch fühlen, in Grünlandgebieten hingegen die Bestandszahlen besonders niedrig sind. Doch auch in der Ackerlandschaft hat es der Feldhase aufgrund der intensiven Nutzung und der geringen Prozentzahl an Biodiversitätsflächen (sieben Prozent sind vorgeschrieben) nicht leicht. Die Fortpflanzung scheint durch die ebenso intensive Nutzung der Wiesen und Weiden zusätzlich zu leiden.
Was dem Feldhasen für einen erneuten Aufschwung fehlt, ist also nicht Fläche an sich, sondern vor allem hochwertige und unzerschnittene, für ihn als Versteck, Nahrungsquelle und Behausung dienliche Fläche. Wegweisende Projekte wie unter anderem im Schaffhauser Klettgau haben gezeigt, dass der Feldhase etwa zehn Prozent der Landwirtschaftsfläche als Ökofläche benötigt, um sich zu erholen, doch selbst dann dauert dieser Prozess einige Jahre. Soll dem Feldhasen geholfen werden, sind also schnelles Handeln, aber auch Geduld gefragt.
Übersichten über die Tiere und Pflanzen der einzelnen Jahre können auf www.nabu.de/naturdesjahres angesehen werden.
Autor: Katja T.
Bilder: Erna‐Ente‐Team e.V.
erschienen in TierZeit – Ausgabe 12
13. Dezember 2015