Wie ein kleines Stück Natur in das Wohnzimmer kommt
Die Grundidee hinter einem Ökosystem im Glas ist einfach: Pflanzen werden mit Erde und Wasser in ein Glasgefäß gesetzt, welches verschlossen wird. Dieses kleine, abgeschlossene Ökosystem soll sich über Monate oder Jahre selbst versorgen und ganz ohne Eingriffe von außen leben und wachsen. Sowohl Landsysteme als auch Unterwassersysteme können gekauft oder selbst gebaut werden. Doch wie genau funktioniert das?
Ökosysteme in kleinen Aquarien, Vasen oder Einmachgläsern sind ein beliebtes Bastelobjekt für Kinder. Diese Systeme können als Komplettset gekauft und müssen zu Hause nur noch aufgebaut und aufgefüllt werden. In ihrer einfachsten Form bestehen Landsysteme aus einer oder mehreren Pflanzen, Erde, Kies und Wasser. Im Laufe des Tages verdampft das Wasser, sammelt sich an der Unterseite des Verschlusses und fällt als Niederschlag wieder hinab. Über die Wurzeln nehmen die Pflanzen das Wasser auf, nutzen es für die Photosynthese und geben es wieder über die Spaltöffnungen der Blätter ab. Mithilfe des Lichtes produzieren die Pflanzen im Glas Sauerstoff und Traubenzucker, welchen sie für die Zellatmung benötigen. Während der Zellatmung gibt die Pflanze Kohlenstoffdioxid und Wasser wieder an den Kreislauf ab. Sterben Teile der Pflanzen ab, werden diese durch in der Erde enthaltene Mikroorganismen zersetzt und die so gewonnenen Nährstoffe wieder dem Kreislauf zugeführt. Das Ökosystem im Glas versorgt sich also gänzlich selbst. Unterwassersysteme hingegen überleben nur durch Eingreifen von außen und den Besatz mit Tieren, dieser ist aber zu Recht umstritten.
Dürfen Tiere mit in das Glas?
Solch ein nachgebautes System bildet natürlich nicht zu hundert Prozent die Wirklichkeit ab: Ein fehlender Faktor ist zum Beispiel die Fauna. In Komplettsets im Handel befinden sich daher immer kleine Tiere wie Garnelen oder Schnecken. Aus Tierschutzgründen ist diese Form der Haltung aufgrund des geringen Volumens der Gefäße abzulehnen. Hierdurch ist der Kreislauf sehr anfällig für Störungen, wodurch die Tiere verenden können. So ist ein abgeschlossenes Unterwassersystem sehr sensibel und schon die kleinste Änderung des Gleichgewichts setzt eine Kettenreaktion in Gang, die das Leben der Tiere beeinflusst. Viel Lichteinstrahlung führt dazu, dass sich Algen rasant vermehren, nahezu alle Nährstoffe aufbrauchen und sich dadurch die Wasserchemie ändert, was zum Ableben der Tiere führt. Ein tiergerechtes Unterwassersystem sollte daher einerseits ein Volumen von mindestens zehn Litern besitzen und andererseits so konzipiert sein, dass Veränderungen im Nährstoffhaushalt durch äußere Eingriffe reguliert werden können.
Bastelanleitung für eine Ökosphäre im Glas
Um ein kleines, selbstregulierendes Landsystem für das Wohnzimmer zu bauen, wird als erstes ein geeignetes Gefäß benötigt. Verwendet werden können Glasgefäße aller Art, die sich leicht verschließen lassen wie Gurkengläser, Einweckgläser oder Vasen. In diese werden dann Kies, Erde, Pflanzen und Wasser gefüllt. Die unterste Schicht im Glas dient als Drainageschicht und sollte daher aus grobem Kies bestehen. Darüber kommt eine Schicht frische Erde, die nützliche Bakterien und Mikroorganismen für das System bereitstellt. Nun werden die Pflanzen eingesetzt. Für eine längerfristig stabile Biosphäre sollten kleine und langsam wachsende Pflanzen gewählt werden, damit die Nährstoffe nicht durch zu schnellen Wuchs aufgebraucht werden. Dazu bieten sich zum Beispiel verschiedene Moose, kleinbleibende Farne und Bromelien an. Je nach Größe des Gefäßes erweitert sich natürlich die Pflanzenauswahl.
Anschließend wird das System gegossen, verschlossen und an einen hellen Platz gestellt. Starke und direkte Sonneneinstrahlung sollte bei der Wahl des Standortes vermieden werden. Das Glas muss nun genau beobachtet werden. Im System befindet sich die richtige Menge Wasser, wenn das Glas in den Morgenstunden beschlagen und bis zum Mittag wieder abgetrocknet ist. Unterwassersysteme können ebenfalls nachgebaut werden. Allerdings besteht hier die Schwierigkeit, das Gefäß luftdicht abzuschließen, damit kein Wasser verdunstet. Der durch die Verdunstung entstehende Wassermangel muss durch regelmäßiges Auffüllen behoben werden.
Die kleinen Nachbauten reichen selbstverständlich nicht an die Komplexität natürlicher Ökosysteme heran, allerdings sind sie ein hübscher Blickfang im Wohnzimmer. Leider ist den meisten dieser Systeme kein langes Leben beschert – ein weiterer Grund, weswegen auf den Besatz mit Tieren verzichtet werden sollte.
Autor: Tina B.
Bilder: Tina B.
erschienen in TierZeit Ausgabe 9
24. August 2014